bearbeitet: 22.08.2011     

Beelitz, am 22.08.2011

Eine persönliche Bemerkung zum Glauben:

Einige Worte zur Aufklärung von Irrtümern zu meiner Haltung

Aus Reaktionen auf meine Haltung zur Urknalltheorie, die ich auf verschiedenen Internetplattformen und in meinen Büchern dargestellt habe, konnte ich entnehmen, daß man mir unterstellt, gegen den Glauben aufzutreten und ihn grundsätzlich zu bekämpfen. Das ist jedoch nicht wahr. Deshalb halte ich es für gegeben, mich zu diesem Problem, das ich in meinem Buch "Wissenschaft, Religion und Politik" bereits dargestellt habe, noch einmal zu äußern.

Der Glaube des Menschen, darunter auch der Glaube an überirdische Bewußtseinsformen, also an Gottheiten, ist ein untrennbarer Bestandteil der Evolution des Menschen und des menschlichen Denkens - kurz: Der Intelligenz. Aus diesem Grunde kann man den Glauben nicht wegagitieren, indem man behauptet, er sei falsch. Glaube ist keine gesellschaftlich festlegbare Kategorie, sondern eine Kategorie der fortschreitenden Entwicklung der Intelligenz. Er resultiert aus dem immerwährenden Bestreben der Intelligenz, die Zusammenhänge der Welt zu erklären. Den Glauben muß jedes Individuum für sich selbst bestimmen. Dies geschieht einerseits durch das eigene Denken, andererseits durch Orientierung an den Auffassungen anderer und deren Beurteilung. Glaube ist nicht administrierbar. Er ist durch gesellschaftliche Machtstrukturen wenig oder gar nicht steuerbar. Deshalb war es auch ein nicht erreichbares Ziel der Machtstrukturen in den ehemaligen sozialistischen Staatsgefügen, den Glauben mit der Aufstellung und Durchsetzung atheistischer gesellschaftlicher Verhaltensregeln ausmerzen, beseitigen zu wollen. Schließlich und endlich war dies das Gegenstück zur Missionierung des Glaubens durch kirchlich-doktrinäre Einrichtungen. Die Methoden ähneln sich. Wer sich im Machtbereich der Kirche gegen ihre Lehren stellte, wurde der Ketzerei beschuldigt und durch die "Heilige Inquisition" mit psychischen und physischen Restriktionen zur Revidierung seiner Haltung gezwungen. Wer sich in einem sozialistischen Staat dem Gottesglauben zuwandte, verringerte damit seine Möglichkeiten des gesellschaftlichen Aufstiegs. Mit beiden Methoden konnte man zwar das gesellschaftliche Verhalten der Menschen bedingt steuern, den Glauben selbst jedoch kaum beeinflussen.

Jedoch wird ein Glaube nur dauerhaften Bestand haben können, wenn als zulässig angesehen wird, Details zu hinterfragen und gegebenenfalls zu korrigieren. Aber auch eine solche Korrektur kann nicht durch Diktat erfolgen, sondern nur durch Publizierung und Erläuterung neuer Erkenntnisse. Das heißt, man muß durch Bildung Menschen befähigen, Richtiges zu erkennen und von Unrichtigem zu trennen. Dabei bleibt auch immer eine Glaubenskomponente bestehen, denn auch Wissenschaft ist nicht unfehlbar und unterliegt bisweilen Irrtümern. So manches wurde schon als bewiesen deklariert und erwies sich erst später als falsch. Am Beispiel der Ablösung des geozentrischen durch das heliozentrische Weltbild, die im 16. Jahrhundert mit Kopernikus begann und durch Galilei weitergeführt wurde, kann man das anschaulich zeigen. Die als unumstößlich propagierte Kirchenauffassung, die Erde stünde im Mittelpunkt der Welt, wurde durch Beobachtungen und Berechnungen widerlegt. Im Glauben der Menschen setzte sich diese Erkenntnis sehr viel schneller durch, als in den Kircheneinrichtungen, die sich stets als gesellschaftliche Machtorgane verstehen und sich berufen fühlen, den Glauben doktrinär zu bestimmen und festlegen zu müssen. Die Kirche war bestrebt, ihr doktrinäres geozentrisches Weltbild aufrechtzuerhalten. Der Kampf der Wissenschaft mit der Kirche dauerte etwa 300 Jahre, bis letztere die Richtigkeit der kopernikanischen Lehre anerkannte. Dies geschah nach meiner Auffassung nicht zuletzt auch unter dem Druck der breiten Öffentlichkeit, in der das heliozentrische Weltbild als richtig anerkannt war, so daß die kirchlich-doktrinäre Haltung zunehmend als überholt und als falsch angesehen wurde. Die Kirche begann an Ansehen und Glaubwürdigkeit zu verlieren und mußte der wissenschaftlichen Erkenntnis schließlich nachgeben. An diesem Beispiel wird auch deutlich, daß man zwischen dem Glauben als intellektuelle Kategorie und der Kirche als gesellschaftliche Machtstruktur unterscheiden muß.

Ein ähnlicher Vorgang findet in der Gegenwart statt. Die Idee von der Entstehung des Universums entspricht der katholischen Schöpfungslehre und wird deshalb auch vom Klerus verteidigt. Dies wird sehr nachhaltig und intensiv betrieben, obwohl eine Vielzahl Beobachtungen und Messungen der Entstehungsidee widerspricht. Und die Entstehung des Universums aus Nichts gehört doch ganz sicher in der heutigen Zeit ins Reich der Märchen, etwa wie ein Esel ohne Zuhilfenahme realer Quellen Goldstücke von sich gibt oder sich ein Tisch aus dem Nichts mit Mahlzeiten deckt. Aber die Kosmologie der Gegenwart ist nicht bereit, diesen unrealistischen Entstehungsgedanken aufzugeben und sich einer Theorie zuzuwenden, die das Universum auf der Grundlage der Naturgesetze erklärt. Statt dessen werden zu den schon recht verworrenen Ideen der "dunklen Energie" und der "dunklen Materie" immer neue mystische Spekulationen ausgearbeitet, mit denen die Kosmologie den Status einer ernstzunehmenden Wissenschaft mehr und mehr verliert. Die häufig geäußerte Behauptung, der Urknall sei sicher, wird zunehmend zu einer Selbstbeweihräucherung der in dieser Theorie verfangenen Wissenschaftler. Die Kosmologie hat sich fast völlig in den Dienst des Klerus gestellt und behindert damit ihr eigenes Vorankommen in der Forschung selbst. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, daß man dies auch in Kirchenkreisen zu erkennen beginnt. Am 22.11.2004 gab es völlig unerwartet eine sehr überraschende Meldung aus dem Vatikan. In einem Dokument der Theologenkommission, "Gemeinschaft und Dienst", heißt es: "...daß die Urknall-Theorie nicht der Annahme widerspreche, daß die Materie auch vor dem großen Knall als Schöpfung Gottes existiert habe. Es ist wissenschaftlich nicht unzulässig, einen vor dem Urknall liegenden Uranfang anzunehmen." Diese Meldung gleicht einem Zugeständnis an die vielen wissenschaftlichen Feststellungen, die Zweifel an der Richtigkeit der Urknalltheorie in ihrer heutigen Form erzeugten. Was war passiert? Hat damit der Vatikan die Urknalltheoie selbst verworfen? War das plötzlich alles Unsinn? War die ganze bisherige "Forschungsarbeit" nutzlos, umsonst gewesen? Wie konnte die Welt mit einem Urknall entstehen, wenn es sie doch schon gab? Oder ist das etwa ein Befreiungsschlag für die Eröffnung neuer kosmologischer Forschungsrichtungen? Haben jetzt die Widersacher der Urknalltheorie wieder bessere Forschungschancen? Wenig zu erwarten, daß dem Vatikan die Tragweite dieser Eröffnung nicht bewußt war. Sichtbar ist aber, daß seither die Kritiker der Weltschöpfungstheorie deutlich mehr Gehör finden und sie sich nun auch mit großer Brisanz artikulieren.

Und es erklärt noch ein weiteres Eingeständnis: Das Aufgeben des gegenwärtig als Standard angesehenen Modells der Entstehung des Universums aus dem Nichts ist nicht gleichbedeutend mit dem Aufgeben des Glaubens. Für einen gläubigen Menschen ist es durchaus realistisch und begreifbar, daß ein Gott in ein ewig existierendes Weltsystem regulierend eingreift. Dies unterläuft den Glauben nicht. Es ist durchaus mit der Religion vereinbar.

Schließlich und endlich unterliegt gerade in der Kosmologie auch ein Wissenschaftler einer Glaubenskomponente, denn einen Beweis für eine angenommene Theorie gibt es zumeist nicht. Aber eine Theorie muß auch unter Einbeziehung der heutigen allgemeinwissenschaftlichen Erkenntnisse und Forschungsergebnisse glaubhaft sein. Eine Theorie, bei der man erkennt, daß sie gegen alles bessere Wissen mit Kraft und pseudowissenschaftlichen Darstellungen um jeden Preis erhalten werden soll, ist unglaubwürdig. Die allgemeine Anerkennung bleibt ihr versagt, sie wird zur Doktrin und erzeugt Zweifel, die sich mit fortschreitender Zeit verstärken.

Selbst eine millionenschwere Versuchsreihe, die gegenwärtig im CERN (Europäische Organisation für Kernforschung bei Meyrin, Kanton Genf, Schweiz) durchgeführt wird, soll sich dem Ziel der Erhaltung der Urknallhypothese unterordnen. Man sucht unter anderem nach einem Higgs-Teilchen (vorhergesagt 1964 von Peter Ware Higgs, britischer Physiker und Elementarteilchenforscher, geb. am 29.05.1929), das Aufschluß darüber geben soll, wie etwa Masse "entstehen" kann. Masse kann aber nicht entstehen, sie existiert. So wie man Energie weder herstellen noch vernichten kann (Energieerhaltungssatz), gilt gleiches für die Masse, denn Masse ist Energie (E = m*c2). Nach meiner Erwartung wird man feststellen, daß es das Higgs-Teilchen entweder nicht gibt oder daß es andere Zusammenhänge zwischen Masse und Energie aufdecken wird. Der CERN-Versuch, das Higgs-Teilchen zu finden, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit das zweite bedeutende Experimentum Crucis in der Physik. Damit wird die Physik zum zweiten Male in eine zeitweilige Krise gebracht. Sie wird andauern, bis anerkannt wird, daß das Universum nicht entstanden ist, sondern sich in ewiger Evolution befindet.

Das erste Experimentum Crucis war der Michelson-Morley-Versuch im Jahre 1887, der die Existenz eines Äthers im Universum beweisen sollte, der als Träger für die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen angesehen wurde. Das Experiment endete mit dem Ergebnis, daß es einen Äther nicht gibt. Es war das bedeutendste Experiment der Neuzeit für die gesamte Physik. Die durch das Experiment entstandene Krise der Physik wurde erst durch die allgemeine Relativitätstheorie Albert Einsteins im Jahre 1915 aufgelöst.

Aus allem Gesagten geht hervor, daß es an der Zeit ist, die These über die Entstehung des Universums aus Nichts - also die Urknallhypothese - mit angemessenem Ernst zu hinterfragen. Diese Frage wird nun seit vielen Jahrzehnten von der kosmologischen Wissenschaft im Schlepptau des Klerus mit administrativen und restriktiven Mitteln unterdrückt, ein Vorgehen, das für einen Wissenschaftszweig untauglich ist, weil es das Fortschreiten des Erkenntnisprozesses der Intelligenz behindert und auf diese Weise die Wissenschaft zu missionieren versucht. Bleibt zu hoffen, daß der Wissenschaftlerkreis, der bereits zu einer höheren Erkenntnis gelangt ist, an Kraft gewinnt und der Physik eine neue längerandauernde Krise erspart bleibt. (Siehe auch mein Buch "Die Urknallhypothese, ein Hindernis für die kosmologische Forschung").

Beelitz, August 2011
Dr. Manfred Pohl