bearbeitet: 07.11.2011     

G. O. Mueller und die Spezielle Relativitätstheorie

Über das GOM-Projekt Relativitätstheorie

Unter dem Titel "Über die absolute Größe der Speziellen Relativitätstheorie" veröffentlicht eine Gruppe unter dem Namen "G. O. Mueller" oder "GOM-Projekt Relativitätstheorie" (im weiteren verkürzt GOM genannt) auf 1447 Seiten eine Ausarbeitung, die der Bemühung gewidmet ist, die Spezielle Relativitätstheorie mit Hilfe verschiedener kritischer Veröffentlichungen zu widerlegen. Die Relativitätstheorie - sowohl die Spezielle als auch die Allgemeine - ist eine der tragenden Säulen der modernen Physik.

GOM gibt in der Einführung einer Internetpräsentation http://wissenschaftliche-physik.com/projekt-go-mueller/ eine Selbstdarstellung bekannt, in der das Ziel verkündet wird "...eine vollständige internationale Dokumentation aller jemals - in allen Ländern und allen Sprachen - erschienenen Veröffentlichungen mit Kritik zur Speziellen Relativitätstheorie zu erstellen..." GOM erklärt zu seiner Arbeitsweise: "Um sich gegen jegliche Einflußnahmen abzuschotten, arbeitet das Projekt in vollständiger Anonymität und tritt grundsätzlich nicht mit Personen an die Öffentlichkeit, sondern nur mit Arbeitsergebnissen..." Somit ist GOM weniger Forschungsgruppe als mehr ein Phantom, ein Anonymus. Das erschwert ihre Arbeit beträchtlich. Die Arbeitsergebnisse bestehen darin, bis zum Jahre 2004 (gemäß der Textversion 1.2) 3789 kritische Veröffentlichungen zusammengetragen zu haben, mit denen das Ziel verfolgt wird, in einer Öffentlichkeitsarbeit die Allgemeinheit über "folgende 4 Tatbestände" zu informieren:

1. Die Existenz einer Kritik,
2. Die Abschaffung der Wissenschaftsfreiheit in der theoretischen Physik seit 1922,
3. Der wahre Status der Speziellen Relativitätstheorie (im weiteren SRT) als unbestätigte Hypothese,
4. Der Betrug der Öffentlichkeit über den Status der SRT.

Der Gesamtumfang der Ausarbeitung mit ihren 9 Kapiteln kann weiter unten in der Internetpräsentation aufgerufen werden.

Diese zweifellos umfangreiche Arbeit wird als bisher weltweit einmalige und einzigartige Dokumentation dargeboten, an der noch weiter zielstrebig gearbeitet werden soll. GOM versucht, durch das Versenden der Ausarbeitung an viele Adressaten Aufmerksamkeit zu gewinnen, offenbar mit dem Ziel, die Widerlegung der SRT als offizielle Lehrmeinung zu etablieren.

Seit 2001 wurde die Ausarbeitung nach eigenen Mitteilungen an folgende Persönlichkeiten und öffentliche Einrichtungen versendet: Redaktionen und Journalisten von Tageszeitungen und Zeitschriften, Publizisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, zuständige Kultusministerien der Länder und entsprechende Gremien des Bundes, die 72 Parlamentsfraktionen in allen deutschen Länderparlamenten und im Bundestag, alle neu gewählten 614 Bundestagsabgeordnete im Oktober 2005, 221 Journalisten von 3 Tageszeitungen und einem Nachrichtenmagazin, 100 Professoren der HU Berlin und 100 Professoren der TU Dresden, 130 Bibliotheken in mehreren Ländern sowie 290 Persönlichkeiten und Redaktionen in 11 verschiedenen Ländern. Insgesamt wurden bis heute 2230 Exemplare an insgesamt 1900 Adressaten im In- und Ausland versendet.

Hier entsteht zunächst die Frage, was GOM von den Wissenschaftlern, Politikern und anderen öffentlichen Persönlichkeiten erwartet. Mit wem sollen sie kommunizieren? Mit einem anonymen Phantom? Auch ich würde mich im Falle einer Anfrage mit "G. O. Mueller" nicht unterhalten. Ein seriöses Forschungsunternehmen tritt in der Öffentlichkeit mit Personen auf, die für ihre Aussagen auch verantwortlich zeichnen. Anonymität bescheinigt allenfalls die Furcht vor Widerspruch, dem man gegebenenfalls nicht standhalten zu können befürchtet.

Deshalb ist es ein Segen für das Unternehmen, Herrn Dipl.-Ing. Ekkehard Friebe und Frau Jocelyne Lopez als offizielle Ansprechpartner für das GOM-Projekt gewonnen zu haben. Für beide ist dies keine leichte Aufgabe. Nach eigenen Unternehmensangaben setzen sie sich militanten und unflätigen Anfeindungen aus Kreisen der unkritischen und frenetischen Befürworter der Relativitätstheorie aus, die bis hin zu Bösartigkeiten reichen. Es ist wohl wahr, daß einige Kritiken an der Relativitätstheorie berechtigt sind, ebenso ist aber wahr, daß einige Kritiken, die das GOM-Projekt auflistet, unbegründet und falsch sind. Jedoch sprechen die Grobheiten beim Vortrag solcher Dinge ganz sicher dafür, daß der Vorwurf des GOM über die Kritikunterdrückung durch bestimmte Kreise der theoretischen Physik nicht unberechtigt ist. Es ist aber auch zu vermuten, daß die meisten unsachlichen Ausfälle nicht aus den Bereichen der offiziellen Wissenschaft stammen. Ich stehe als Wissenschaftler für offene Auseinandersetzungen mit einer sachlichen Kritik, Pöbeleien sind mir dabei fremd.

Auch ich selbst bin mit diesem Problem konfrontiert. Seit etwa 40 Jahren befasse ich mich mit kosmologischen Problemen. Dabei bin ich immer deutlicher zu dem Ergebnis gekommen, daß die zur Zeit allgemein gepflegte, klerikal gesteuerte Urknalltheorie falsch ist. Man kann mit ihr die Mehrzahl aller in der neueren Zeit ermittelten Beobachtungsergebnisse der Astronomie und der Astrophysik nicht erklären. Das hat mich bewogen, im Mai 2011 das Buch Die Urknallhypothese, ein Hindernis für die kosmologische Forschung herauszugeben. In diesem Buch beschreibe ich neben einer begründeten Widerlegung der Urknalltheorie als Antithese eine andere Hypothese für die Bewegung der kosmischen Materie, mit der die übergroße Mehrzahl an astronomischen Beobachtungen auf der Grundlage der Naturgesetze ohne mystische Verklärungen der Theorie mit Hilfe unbrauchbarer Spekulationen erklärt werden kann. Dennoch findet die Antithese in der Fachwelt wenig Beachtung. Der Druck vor den zu erwartenden Restriktionen durch die Führung des Wissenschaftsbereiches ist enorm groß, hat er doch bereits den namhaften amerikanischen Astrophysiker Halton Arp Rang und Status gekostet. So hat in den etablierten Wissenschaftskreisen die Angst vor Widerspruch gegen die Urknalltheorie festen Fuß gefaßt. Widerspruch ist mit Ausgrenzung verbunden.

Dennoch kann ich einige Kritiken, die das GOM-Projekt vorträgt, nur mit Einschränkungen akzeptieren. Dem massiven Beklagen der fehlenden Wissenschaftsfreiheit in der theoretischen Physik, der Behinderung kritischer Publikationen sowie der Unterdrückung kritischer Meinungen steht doch allein schon das gelungene Zusammentragen der 3789 kritischen Publikationen entgegen, die doch wohl alle veröffentlicht wurden. Auch ich hatte bei der Veröffentlichung meines Buches keinerlei Probleme. Aber die allgemeine Durchsetzung der Akzeptanz der vorherrschenden Meinung in einer großen Masse Interessierter durch die als absolute Autoritäten installierten Wissenschaftler läßt jede kritische Meinung als eine Art Verschwörung erscheinen. Und genau da liegen die Probleme. So geht ein Widerspruch auch dann unter, wenn er völlig sachlich vorgetragen wird, wenn eine klare Antithese begründet vorliegt und wenn die kritisierte These beweiskräftig widerlegt wird.

Wenn aber in solchen Kritiken, wie im GOM-Projekt häufig anzutreffen, keine wissenschaftliche Vorgehensweise erkennbar ist, wenn also nur kritisiert wird, die Kritik nicht begründet wird, der Inhalt der Kritik nicht bewiesen werden kann, eine Antithese nicht vorgeschlagen, nicht begründet und auch nicht bewiesen wird und wenn obendrein die Kritik in unsachlicher, diffamierender oder unangebracht satirischer Art vorgetragen wird, so gibt es keine Notwendigkeit, solche Kritiken öffentlich zu behandeln. Trivial ausgedrückt: Es ist dann der Mühe nicht wert. Ich werde darauf noch zurückkommen.

Die Ausarbeitung des GOM-Projektes in ihrer gesamten Länge zu beurteilen und zu analysieren, liegt außerhalb der Möglichkeiten einzelner Personen oder angesprochener Personengruppen. Es würde einen Mitarbeiterstab mit großer Personenzahl erfordern, die alle in Teilbereichen agieren müßten. Im Ergebnis würde ein ähnlich langer Analysebericht entstehen, für den sich keine sinnvolle Begründung angeben ließe. Eine solche Offensive würde immer unübersichtlicher und am Ende nicht mehr überschaubar werden.

Beim Lesen der Arbeit findet man an sehr vielen Stellen sarkastisch überspitzte Darstellungen, in der Einleitung ist das der bestimmende Grundton. Auch im weiteren gibt es Zynismus, Diffamierungen, Verunglimpfungen und andere unsachliche Übergriffe gegenüber verschiedenen Wissenschaftlern, die in einem Wissenschaftsdokument völlig unangebracht sind (einige Beispiele nenne ich im Anhang 1). Solche Formulierungen lassen den Anschein entstehen, als könne man seinen Groll über die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz der SRT nicht bei sich halten. Auch halte ich Begriffe wie "Relativitätsmärchen" oder "Relativitätskatastrophe" oder "Theorie-Ruine" in einem wissenschaftlichen Dokument für deplaciert. Solche exzessive Züge lassen dann auch einen geneigten Leser gar bald aufgeben, so er sich nicht wie ich zum Ziel setzt, eine auf sehr viel weniger Seiten begrenzte Stellungnahme abzugeben.

Ein Kernabschnitt der Ausarbeitung ist das Kapitel 2, ein sogenannter "Fehler-Katalog zu beiden Relativitätstheorien". Was der Autor mit der Orthographieabweichung Fehler-Katalog statt Fehlerkatalog zum Ausdruck bringen will, bleibt unklar, eine Absicht scheint es jedoch zu geben, weil man einen Rechtschreibfehler wegen der insgesamt korrekten Orthographie der Arbeit nicht unterstellen kann. In diesem Katalog (Gliederung im Anhang 2) werden in 21 Sachgruppen (A bis V) insgesamt 134 "Fehler" der SRT aufgereiht, die einleitend mit einer Kurzcharakteristik und anschließend mit detaillierter Beschreibung dargestellt werden. Aus diesem Katalog will ich mich einigen Beispielen etwas genauer widmen. Eine Diskussion aller Eintragungen des Kataloges ist im Rahmen dieses Beitrages nicht möglich, dies würde meine Zielsetzung sprengen. Auch sind im Katalog "Fehler" aufgelistet, die keine sind, weil darin Richtiges und Bewiesenes bestritten wird (Fehler A5, B1, B2, B3, B5, C1, C2, C4, D2, D6, D7, D8, D9, E13, E14, E15, F1, G1, G2, G6, G7, H1, H3, H4, J1, J2, K2, M1 bis M9, P5, S2, S3, S4, S8, V1, V7), und es gibt auch Einträge, die zur SRT keinen Bezug haben (Fehler T1 bis T9, U1 bis U6, V1 bis V7) und deshalb dort nicht hingehören.

Erstes Beispiel:

Ein zentraler Kritikpunkt, der zu mehreren Eintragungen führt, ist der Michelson-Morley-Versuch aus dem Jahre 1887 und viele Folgeversuche (Fehler A1 bis A4, A6, A9, B2, E11, E13, G1, G8, P1, P5, Q1, T5, T8). Es wird kritisiert, die von den Befürwortern der SRT propagierten Nullwerte habe es nie gegeben, woraus geschlußfolgert wird, die Existenz oder Nichtexistenz eines Äthers wäre mit dem Versuch nicht bewiesen worden. Michelson selbst sagt zu seinen Ergebnissen:

"The interpretation of these results is that there is no displacement of the interference bands. The result of the hypothesis of a stationary ether is thus shown to be incorrect, and the necessary conclusion follows that the hypothesis is erroneous." (S. 208)

Deutsch: "Die Interpretation dieser Ergebnisse ist, daß es keine Verschiebung der Interferenzstreifen gibt. Das Ergebnis aus der Hypothese des ruhenden Äthers hat sich somit als falsch herausgestellt, und als notwendige Schlußfolgerung ergibt sich, daß die Hypothese irrig ist."

GOM sagt dazu, dies sei "die Quelle des bis heute kolportierten Null-Ergebnisses" (ebenda). Jedoch ist diese Erklärung schlüssig. Es ist schließlich ohne Belang, ob nun 7 oder 10 km/s gemessen wurden. Wenn es einen "ruhenden" Äther als Träger für die Lichtausbreitung geben würde, beispielsweise ruhend im Inertialsystem der Sonne, so hätte als Abweichung die Orbitalgeschwindigkeit der Erde gemessen werden müssen, also plus oder minus rund 30 km/s. Wäre das ruhende System in der Galaxis Milchstraße angenommen worden, hätten noch wesentlich größere Abweichungen gemessen werden müssen. Da dies alles aber nicht festgestellt wurde, kann es einen "ruhenden" Äther nicht geben.

Michelson selbst konnte das aber nicht so bewerten, wie wir das heute können, weil das bereits von Galilei postulierte Relativitätsprinzip noch nicht in der heutigen Weise auf das Universum angewendet wurde. Es fehlte die Erkenntnis, daß es kein bevorzugtes Inertialsystem geben kann, die Bewegungen der Systeme somit nur relativ zueinander beschrieben werden können. Die nach heutigen Kenntnissen zu erwartenden Nullmessungen sind sicher nur deshalb nicht vorgefunden worden, weil die Messungen nicht im Vakuum, sondern im dichteren Medium der Erdatmosphäre ausgeführt wurden, weshalb die Geschwindigkeiten der gesendeten Lichtstrahlen mit bestimmten Inhomogenitäten kleiner als c waren. Aus diesen Gründen sind die Kritiken an den Nicht-Null-Werten nicht substantieller Art, können somit das Hauptergebnis des Versuches, den Beweis der Nichtexistenz eines Äthers, in keiner Weise widerlegen. Das alles ist aber nun schon seit langem bekannt und vollständig ausdiskutiert, eine nochmals anzustrebende Debatte darüber erwiese sich als überflüssig.

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Zweites Beispiel:

Das Hafele-Keating-Experiment aus dem Jahre 1972 hatte die Aufgabe, durch den Transport zweier Atomuhrenpaare mit Flugzeugen die Zeitverzögerung in bewegten Systemen zu beweisen (Fehler D7). Bei der Beurteilung des Experimentes wendet GOM jedoch einen unzulässigen Trick an: Er läßt die beiden Bestreiter des Experimentes gar nicht zu Wort kommen. Die Beurteilung wird ausschließlich mit den Aussagen einiger Kritiker vorgenommen (Essen, Galeczki, Marquardt, Wesley). Ist dies nicht umgekehrt die gleiche Unterdrückung von Meinungen, die der theoretischen Physik vorgeworfen wird? Haben wir hier nicht die gleiche Verletzung des Reziprozitätsprinzips? Ich bitte das nicht falsch zu verstehen: Die Kritiker dürfen durchaus zu Wort kommen, aber nach den Versuchsberichten der Autoren. Es ist zudem eine methodische Frage. Der geneigte Leser muß wissen, was die Autoren zu ihrem Experiment gesagt haben, erst dann kann er verstehen, was die Kritiker meinen.

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Drittes Beispiel:

Die Fehler D 6 und D7 zeugen davon, daß die Autoren der Arbeit eine falsche Auffassung von der Zeit haben, in dem sie kritisieren:

"Albert Einstein behauptet eine Zeitdilatation (Zeitverlangsamung; Zeitverzögerung) zwischen zwei relativ bewegten Inertialsystemen als realen Effekt" (D6), und
"Der Atomuhren-Transport von Hafele / Keating 1972 soll eine Zeitverzögerung bewiesen haben" (D7)

Ein wenig später erfährt man dann, wie es zu diesen Fehlbeurteilungen kommen kann. In einem Exkurs unter der Überschrift: Über "die Zeit" - eine Ausnüchterung (S. 213 bis 218) erklärt ein nicht genannter Autor, der vermutlich zur Forschungsgruppe GOM gehört und deshalb anonym bleibt, eine besondere Betrachtungsweise der Zeit.

In diesem Exkurs wird zunächst festgestellt:

"Der Zeitbegriff ist kein Naturgegenstand. Der Zeitbegriff ist nicht vom Himmel gefallen, findet sich auch nicht als Gegenstand in der Natur vor, sondern ist von Menschen gemacht, weshalb es auch unweigerlich verschiedene Zeitbegriffe geben wird. Vom Zeitbegriff hängt ab, was er begreift. Deshalb muß jeder, der Erkenntnisse über die Zeit verkünden will, mindestens seinen dabei verwendeten Zeitbegriff vorzeigen."

Der Exkurs beginnt also mit einer falschen Grundthese, denn Zeit ist in Wahrheit der unabhängig von einem Bewußtsein existierende Ablauf aller Vorgänge. Daraus wird nun logisch gefolgert:

"Der Zeitablauf kann nur dort erkannt werden, wo die Natur ein Gedächtnis installiert hat."

Das ist ein logischer Fehlschluß wegen der falschen Ausgangsannahme. Nachfolgend wird daraus nun "abgeleitet", daß die Zeit keine Dimension ist:

"Besonders die wiederkehrenden Bewegungen luden zu Vergleichen ein: jede einmalige Bewegung konnte mit den wiederkehrenden Bewegungen verglichen werden. Ergebnis waren Verhältniszahlen: eine Reise dauerte von einem Sonnenaufgang bis zum nächsten oder übernächsten. Die Angabe "2 Tage" ist eine solche Verhältniszahl: die eine Bewegung (die Reise) steht zur anderen Bewegung (dem Lauf der Sonne) im Verhältnis 1:2. Der Zeitbegriff ist mit der Bildung der Verhältniszahl über zwei Bewegungen voll ausgebildet."

Hier irrt der Autor. "2 Tage" sind doch wohl zweifelsfrei ein in der Natur festliegender Ablauf, der ohne ein Gedächtnis und auch ohne die als Beispiel verwendete Reise vor sich geht. Dieser Ablauf ist von einem Bewußtsein, vom Menschen also, völlig unabhängig. Und weiter:

"Wer angesichts dieser nüchternen Feststellung von "der Zeit als vierter Dimension" spricht, redet schlicht Unsinn: die Verhältniszahl über zwei Bewegungen ist nämlich eine dimensionslose Zahl; und sie wird nur durch Beobachtung und Vergleich von Bewegungen in den Dimensionen des Raums gewonnen, ist also die Konstruktion aufgrund eines funktionierenden Gedächtnisses. Wirklich sind nur der Raum und die Bewegungen im Raum: alles andere ist nützliche Konstruktion."

Der Unsinn besteht aber doch wohl eher im Bestreiten der Tatsache, daß sich die kosmischen Objekte auch ohne ein vorhandenes Gedächtnis, ohne einen Beobachter bewegen und damit die Tage und andere Zeiteinheiten bestimmen. Das Gedächtnis, das Bewußtsein, legt lediglich die Meßgrößen fest, damit man sich über die Vorgänge auf einer allgemeingültigen Grundlage verständigen kann.
Nun wird ein acht Punkte umfassendes Fazit beschrieben:

"Fazit

"1. Die Zeit" ist eine dimensionslose Verhältniszahl über zwei frei wählbare, aber bestimmte Bewegungen und ausschließlich von ihnen abhängig." Falsch - siehe oben.
"Aus dem Vergleich von zwei Bewegungen im Raum entsteht kein neuer Raum, keine neue Bewegung und keine neue Dimension." Das ist für den Zeitbegriff irrelevant.

"7. Solange kein anderer Zeitbegriff vorgestellt und als plausibel und widerspruchsfrei gerechtfertigt ist, haben alle Behauptungen von

(1) einer "Dimension" der Zeit,
(2) einer Einwirkung anderer Vorgänge wie zum Beispiel der Lichtausbreitung auf die gemessenen Zeitwerte,
(3) insbesondere Rückwirkungen der Meßgeräte auf den Zeitbegriff und seine Geltung

keine Grundlage, sondern könnten nur auf Zauber und Magie beruhen."
Zauber und Magie ruhen wohl sicher eher in der etwas merkwürdigen Zeitdarstellung.

"8. Real sind nur der Raum und in ihm die Bewegungen zu einem Zeitpunkt, in einem Augenblick. Der Augenblick vorher ist nicht mehr real, der kommende Augenblick ist es noch nicht. Die Natur für sich ist nur ihr jeweiliger Zustand. "Die Zeit" ist nur eine sinnvolle Konstruktion auf der Grundlage eines Gedächtnisses, eine kulturelle Errungenschaft; in der Natur trifft man sie nicht an."

Darin sind logische Widersprüche. "Bewegung zu einem Zeitpunkt" ist sinnwidrig. Bewegung ist eine Zustandsänderung in einem Zeitablauf. In einem Zeitpunkt gibt es keine Bewegung. Führt man diese gedachte "Logik" zu Ende, erhält man das folgende:

Das aber ist weder neu noch unbekannt. In der Philosophie heißt diese Denkweise subjektiver Idealismus. Er steht der im wesentlichen materiellen Denkweise in der Physik entgegen und kann für die Erörterung der hier behandelten Probleme mit hoher Sicherheit keine brauchbaren Ergebnisse beitragen. Die theoretische Physik erforscht reale Zusammenhänge, die materieller Art sind. Die oben zitierte Auffassung über die Zeit ist kein physikalisches Problem, sondern ein weltanschauliches. Solche Anschauungsfragen muß jeder Einzelne für sich selbst beantworten. Dazu kann er, das ist völlig legitim, in der Philosophie seine Auffassungen einbringen. Dort sind solche Anschauungsfragen ganz zweifelsfrei Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Wer aber in der Physik mitarbeiten will, muß schon wenigstens auf der Seite der Physik stehen. Ohne diese Voraussetzung entstehen lediglich nutzlose und ergebnisferne Debatten, die nichts voranbringen. Sie werden dann auch von den etablierten Wissenschaftlern mit Ignoranz abgetan, was mir völlig verständlich ist.

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Viertes Beispiel:

Die Elemente der Sachgruppe U (U1 bis U6) behandeln allesamt keine etwaigen Fehler der SRT, sondern die Auswirkungen der Theorie auf andere gesellschaftliche Bereiche: Theologie, Literatur, Kunst, Philosophie, Science fiction und Esoterik. In den detaillierten Beschreibungen findet man bei allen sechs nur einen stets gleichen Satz vor. In den jeweils folgenden Literaturangaben findet man Veröffentlichungen aus diesen Bereichen, die sich nicht kritisch zur SRT äußern, dies wohl ganz sicher auch nicht können oder nicht wollen. Diese gesamte Sachgruppe gehört nicht in den Fehlerkatalog. Auch die gesamte Sachgruppe V (V1 bis V7) kann nicht als zugehörig zum Fehlerkatalog angesehen werden, weil es in allen Elementen um Verhaltensweisen verschiedener Wissenschaftlergruppen geht und nicht um etwaige Fehler der Theorie.

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Fünftes Beispiel:

Der Eintrag P7 im Fehlerkatalog ist kein Eintrag, der einen Fehler der SRT kritisiert. Mit diesem sogenannten Fehler wird eine Polemik über den gesunden Menschenverstand entfacht, mit deren Hilfe man verschiedenen Wissenschaftlern unterstellen will, sie betrieben eine Diffamierung der Allgemeinheit mit der Behauptung, nur sie als die Wissenschaftler könnten die SRT verstehen, sie entfachten damit lediglich ein leeres Imponiergehabe, mit dem sie sich in einen Unfehlbarkeitsmythos rücken wollten, um damit Kritiken besser abweisen zu können. Diese Darstellung ist abstrus. Das belegen einige Zitate:

"Fehler P 7 Die Autoren der Relativistik diffamieren den sogenannten gesunden Menschenverstand als inkompetent und berufen sich somit indirekt auf einen anderen, bisher unbekannten Verstand" (S. 37)

"Völlig unverständlich erscheint ihm (dem mißtrauischen Einzelnen) die Polemik gegen den gesunden Menschenverstand, meistens als "sogenannter" bezeichnet und stets abwertend gemeint. Da jeder von uns nur seinen eigenen Verstand hat, bleibt ihm gar keine andere Wahl. Viele Darstellungen der Relativistik diskreditieren unseren Verstand als "sogenannten gesunden", ohne jedoch zeigen zu können, über welchen anderen und besseren Verstand sie verfügen." (S. 2)

"(5) um die Leute von irgendwelchen eigenen kritischen Gedankengängen abzuhalten, muß man ihnen ihren Verstand schlechtmachen, als "sogenannten gesunden" Menschenverstand verleumden, der nicht ausreicht, eine so hehre Theorie zu erfassen und zu kritisieren;" (S. 6)

"Nicht Albert Einstein, wohl aber viele Anhänger seiner Theorien diffamieren in ihren Veröffentlichungen den gesunden Menschenverstand (common sense). Damit suggerieren sie dem Publikum, daß sie über einen anderen, unbekannten Verstand verfügen, versäumen jedoch regelmäßig, die Art dieses besonderen Verstandes zu enthüllen. - Bisher haben die Relativisten jedenfalls keine eigene, andersartige Aussagenlogik vorgelegt; sie benutzen unverändert die Schlußweisen und Argumentationsfiguren der abendländischen Logik. Diese Reklamation einer besonderen, besseren erkenntnistheoretischen Grundlage für die Relativisten und ihre Theorien ist daher leeres Imponiergehabe und leicht zu durchschauender Trick, um Kritik an der Theorie als inkompetent abzuwehren und die Kritiker als zu dumm zur Beurteilung der Theorie hinzustellen." Es folgen sogenannte prominente Beispiele (S. 141/142)

"Ergänzend zur hier aufgewiesenen Sozialpathologie der Physik, ihrer schweren Erkrankung an Lügensyndromen, Mathematik-Depressionen und Verdummung der Öffentlichkeit, die aus Laien besteht, kann von der Relativistik noch als Spezialität die geniale, ausdrückliche Verleumdung des gesunden Menschenverstands gemeldet werden: sie legt für die Orgie der Verdummung eine absolut sichere Grundlage, läßt sie doch die Physiker als höhere Wesen erscheinen, die über einen anderen, irgend-wie höheren als den gesunden Menschenverstand verfügen, der der Allgemeinheit nicht mehr zugänglich ist, und der sich daher auch nicht mehr rechtfertigen muß." (S. 566)

Auf diese und ähnliche Weise zieht sich diese Polemik durch die gesamte Arbeit (S. 2, 6, 37, 74, 141, 142, 143, 253, 256, 549, 566, 684, Kapitel 9, S. 12, 13).

Wahr ist, daß die Weltrealität durch das Bewußtsein abgebildet wird. Dies kann aber nur im Rahmen der durch Forschung und Experiment erkannten Zusammenhänge erfolgen. Der Mensch kann sich einer Erkenntnis immer weiter nähern, eine absolute Wahrheit wird es jedoch nicht geben. Es ist deshalb durchaus möglich, daß dem allgemeinen Vorstellungsvermögen Vorgänge in der Natur zeitweilig oder dauernd verschlossen bleiben. Genau das meinen die Theoretiker mit dem "gesunden Menschenverstand", der eben bestimmte Dinge nicht mit der Vorstellung erfassen kann, auch wenn sie theoretisch oder rechnerisch bestätigt werden können. Dies ist jedoch nicht, wie es die Kritiker darstellen, als Diffamierung des menschlichen Verstandes zu interpretieren. Die entfachte Polemik durch das GOM-Projekt dient ganz offensichtlich nur dem Ziel, sich wichtig zu machen und das Projekt in den Mittelpunkt der Diskussion zu rücken.

Einstein bezeichnet in seiner Arbeit "Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie" (1917, 1920) die Theorie ausdrücklich als "allgemeinverständlich" und sagte im Vorwort, er wolle "eine möglichst exakte Einsicht in die Relativitätstheorie vermitteln", und weiter: "Die Lektüre setzt etwa Maturitätsbildung voraus." Die gesamte Polemik läßt sich deshalb sehr leicht als populistische Machenschaft zur Verunglimpfung der SRT und der sie vertretenden Wissenschaftler entlarven.

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Alles in allem habe ich großen Respekt vor der gewaltigen Arbeitsleistung, die die anonyme Forschungsgruppe mit der Ausarbeitung erbracht hat. Nur fußen sicher die meisten der 3789 bisher eingebrachten kritischen Arbeiten zur Speziellen Relativitätstheorie auf wenig wissenschaftlicher Grundlage. Bei denen, die ich gelesen habe, war dies der Fall, alle zu lesen, war mir nicht möglich. Betrachtet man die Liste der Adressaten, so erkennt man, daß die Mehrzahl von ihnen keine Physiker sind. Wenn diese Personengruppen durch Zusendungen vom Anliegen des Projektes überzeugt werden sollen, so daß sie hernach im Bereich ihrer Verantwortung zu handeln beginnen, sind 1400 Seiten definitiv zuviel. Der geneigte Leser verzweifelt am zu bewältigenden Umfang, den er zudem zu einem erheblichen Teil nicht verstehen wird, und gibt auf. Zum Beispiel heißt es im Kapitel 3 auf S. 205: "Die hier versuchte Chronologie verwendet nur eine kleine Auswahl." Diese "kleine" Auswahl wird in der Folge auf 157 Seiten abgehandelt. Das mag inhaltlich alles wichtig sein, jedoch der Umfang verfehlt die Zielstellung. Der Lesetext der Ausarbeitung sollte 20 bis 30 Seiten nicht überschreiten. Alles andere, das heißt, Listen, Tabellen, Chronologien, Aufzählungen, Literaturnachweise, spezielle Darlegungen usw. sollte in Anhängen oder in gesonderten Dokumenten untergebracht sein, auf die der Leser mittels Verweisen zugreifen kann, wenn er durch den Lesetext für die Problemstellung grundsätzliches Interesse erlangt hat.

Ich habe bei der Arbeit an meinem Buch die sichere Erkenntnis gewonnen, daß es zwecklos ist und nichts einbringt, die etablierten Fachleute zu kritisieren oder gar bloßzustellen. Sie sind in ihrer Meinung unter sich konkurrenzlos festgelegt, man glaubt ihnen, weil sie große Stellungen innehaben und hohe Titel tragen. Mit einer notwendigen Überzeugungsarbeit muß man die Volksmassen erreichen, so daß am Ende der Druck auf eine fest installierte Irrlehre von unten kommt. Deshalb habe ich auch in meinem Buch neben aller Wissenschaftlichkeit mit Beispielen und Gleichnissen gearbeitet, die jeder Mensch verstehen kann, so daß der allgemeingebildete Leser nicht gezwungen wird, das Handtuch zu werfen. Das ganze wird nur auf eine Weise funktionieren, wie es sich beispielsweise mit der klerikalen Haltung zum geozentrischen Weltbild im 16. Jahrhundert zugetragen hat. Nach über 100 Jahren hatte das kopernikanische, das heliozentrische Weltbild, die Völker erreicht, es war wegen nicht widerlegbarer Beweise zum Allgemeinwissen der Menschheit geworden. So wurde die Kirche mit ihrer doktrinären Haltung unglaubwürdig, machte sich lächerlich und verlor allmählich an Autorität. Nur so konnte sie zum Aufgeben ihrer zur Irrlehre gewordenen Haltung gezwungen werden. Die endgültige Anerkennung des heliozentrischen Weltbildes zusammen mit der Rehabilitierung Kopernikus' und Galileis durch die Kirche hat dann jedoch noch einmal 200 Jahre auf sich warten lassen.

Ob der Relativitätstheorie aber ein solcher Werdegang mit Hilfe des GOM-Projektes beschieden sein wird, wage ich zu bezweifeln. Die grundsätzlichen Erkenntnisse der Relativitätstheorie sind richtig, und auch das GOM-Projekt kann sie nicht widerlegen. Auf Grund der vielen Ungereimtheiten, Unzulänglichkeiten und offensichtlichen Falschdarstellungen des Projektes sowie seiner in großen Teilen unsachlichen und diffamierenden Darstellungsweise gehen die wenigen Dinge, die tatsächlich einer kritischen Beachtung bedürfen, in der populistischen und teilweise überheblichen Vorgehensweise des Projektes unter.

Beelitz, am 07.11.2011
Dr. Manfred Pohl


Anhang 1:

Zitate aus der Arbeit, die unsachliche Formulierungen enthalten


Anhang 2:

Gliederung des Fehlerkataloges im Kapitel 2

Nachfolgend nenne ich die Sachgruppen und die Anzahl der darin enthaltenen als Fehler der SRT bezeichneten Einträge. Warum in der Nomenklatur der Buchstabe I fehlt, bleibt ungeklärt, soll aber wegen fehlender Bedeutung unkommentiert bleiben.

Sachgruppe Anzahl der Einträge
A. Äther       9
B. Licht       5
C. Raum       4
D. Zeit       9
E. Bewegung     15
F. Elektromagnetismus       3
G. Minkowski-Welt       8
H. Mathematik       7
J. Masse/Energie       2
K. Masse/Geschwindigkeit       2
L. Gravitation       2
M. Allgemeine Relativitätstheorie     10
N. Thermodynamik       2
O. Experiment       3
P. Erkenntnistheorie       7
Q. Methodik     11
R. Theoriestruktur       4
S. Darstellungen       9
T. Soziale Durchsetzung       9
U. Außenwirkung       6 (ohne Kurzcharakteristik)
V. Motiv       7
    zusammen:   134