bearbeitet: 13.07.2002
Korrektur: 23.07.2008
Von der Hysterie im Umgang mit Radartechnik
In den letzten 20 Jahren gab es viele wissenschaftliche Untersuchungen, mit denen herausgefunden werden sollte,
ob und in wie weit elektromagnetische Strahlungen gesundheitsschädlich sind. Zweifelsfrei ist es nachgewiesen
für sehr hochenergetische Strahlungen im Bereich des Röntgenspektrums. Jedoch muß man schon eine geraume Zeit
unter dem Einfluß solcher Strahlen stehen, um eine Schädigung feststellen zu können. Wie aber verhält es sich
im Bereich wesentlich größerer Wellenlängen, z. B. im Bereich der Wellenlängen, mit denen Radartechnik arbeitet.
Wohlgemerkt, die Wellenlängen sind hier um einige Zehnerpotenzen größer als bei Röntgenstrahlung. Nun weiß man,
daß die Energie einer Strahlung bei gleicher Feldstärke mit zunehmender Wellenlänge kleiner wird, und zwar mit
quadratischer Proportionalität. Das heißt, bei längeren Wellen muß man ein vielfaches an Feldstärke für den
gleichen biologischen Effekt aufbringen. Trotz aller Bemühungen ist bisher noch kein eindeutiger Zusammenhang
bestimmter Krankheitssymptome mit der Arbeit an Radargeräten nachgewiesen worden.
Aber es wird schon auf der Grundlage unbegründeter Vermutungen durch bestimmte Personengruppen eine Hysterie
entfacht, die ihresgleichen sucht. Für viele dieser Leute ist wider alle wissenschaftlichen Erhebungen die
Schädlichkeit der Arbeit an Radargeräten außerhalb jedes Zweifels, so daß sie bereits bei zeitlich äußerst
begrenztem Aufenthalt in der Nähe solcher Technik todsterbenskrank zu sein scheinen. Mindestens redet man sich
das ein. Es wird dann auch gar nicht erst in Betracht gezogen, daß Erkrankungen, wenn vorhanden, auch ganz andere
Ursachen haben könnten, vielleicht sogar psychosomatischen Ursprungs sind. Ich selbst habe drei Jahrzehnte
meines Lebens mit oder an Radartechnik großer Reichweiten gearbeitet, zuletzt mit den Stationen P-40 und 1S12.
Die im Artikel genannten Geräte P-18 und P15M2 sind dazu vergleichsweise klein. Nicht selten habe ich dabei
Messungen an geöffneten Sendeanlagen durchführen müssen. Nie hat es mir dabei irgendwo gejuckt. Die große
Vorsicht, die dabei anzuwenden geboten war, richtete sich nicht gegen die Abstrahlung, sondern auf den
Berührungsschutz von Teilen der Anlage. Die besondere Gefahr lag in den hohen Anodenspannungen der Senderöhren
(häufig Magnetrone), die im 2stelligen Kilovoltbereich lagen. Hier hätte ein einziger Fehler tödlich sein können.
Auch bin ich trotz langjähriger Arbeit an diesem Medium mit meinen 70 Jahren noch heute altersangemessen gesund,
es kann also auch von sogenannten Spätfolgen nicht die Rede sein. Auch blind oder impotent bin ich nicht geworden.
Sollte ich letzteres demnächst werden, liegt es nicht an der Strahlung, sondern am Alter.
Der ganze Wirbel um diese Dinge wird von Leuten geschürt, die davon recht wenig verstehen. So sind denn auch die
unqualifizierten Argumente recht wenig stichhaltig. Da hat man mal etwas von Strahlung läuten hören, vielleicht
von radioaktiver Strahlung im Zusammenhang mit Kernwaffen, und schon hat allein das Wort Strahlung, gleich welcher
Art, einen in jedem Fall höchst gefährlichen Inhalt. Sonnenstrahlung zum Beispiel ist auch gefährlich, aber nicht
wegen unergründlicher mystischer Inhalte, sondern einfach, weil dir der Wärmestrahlungsanteil den Balg
versengt.
Dem ganzen Spuk wird nur noch durch die Pseudowissenschaft vom sogenannten "Elektrosmog" eins draufgesetzt,
zu dem ich mich schon an anderer Stelle geäußert habe (der Beitrag ist hier zu erreichen).
Es soll ja schon Leute geben, die die Verwendung von Mikrowellenherden ablehnen aus Angst, das Essen könnte nach dem
Aufwärmen verstrahlt sein.
Ein Spitzenerzeugnis an Hysterie auf diesem Gebiet liefert die Zeitschrift "Die Bundeswehr", Heft 6/2002,
Seite 10. Den Artikel habe ich unten mit einigen angefügten Bemerkungen wiedergegeben. Beim Lesen stellt sich die
Frage, ob es denn bei dieser Zeitschrift keine Militärs gibt, die wenigstens etwas davon verstehen.
Und hier ist nun noch eine ganz besondere Perle aus der Märkischen Oderzeitung:
Auch kurz und knapp: Merkwürdige Radargeräte, in denen es radioaktive Strahlung gibt! Treiben die Amerikaner ihre
Stationen etwa mit Reaktoren oder mit Kernwaffen an? Pech für die Kläger und ihre Anwälte, denn
sie werden ihre Prozesse verlieren, weil es den Herstellern nur eine kleine Mühe sein wird, zu beweisen, daß in
ihren Radargeräten keinerlei radioaktive Strahlung erzeugt wird. Diesem Beweis nachfolgend wird es für keinen
amerikanischen Rechtsanwalt ein Problem sein, einen Richter zu überzeugen, daß der Gegenstand der Klage gar nicht
existiert. Also Klage abgewiesen, Ende der Debatte. Neuanfang mit sachlich richtigen Argumenten. Vielleicht in einigen
Jahren.
Mit Verlaub: Die Leute, die so etwas schreiben, müßten sich vielleicht doch vorher ein paar Grundkenntnisse verschaffen.
Mit dem hier gebotenen Wissen hätten sie besser schweigen sollen.