In unserer Umwelt lauern an vielen Stellen Gefahren. In den letzten Jahrzehnten sind dazu große Forschungsarbeiten ausgeführt worden. Das Thema ist enorm wichtig, weil schließlich die meisten Umweltgefahren vom Menschen selbst herbeigeführt werden. Deshalb muß auch einiges unternommen werden, Schäden aufzudecken und Schritte zu ihrer Beseitigung oder mindestens zu ihrer Verringerung zu tun. Mehr noch. Es ist notwendig, mögliche Umweltschäden prophylaktisch, also schon vorher zu erkennen, um sie nicht erst entstehen zu lassen. Es geht, kurz ausgedrückt, darum, die Lebensbedingungen auf unserem Planeten zu erhalten. Nun gibt es, wie überall auf der Welt, auch in dieser Sache Übertreibungen und Panikmacherei. Mangels Sachkenntnissen wird ein untersuchenswertes Problem zu einer riesigen Blase aufgeschwemmt, bei der sämtliche Relationen verlorengehen. Mit einem solchen Vorgang befaßt sich der nachfolgende Beitrag.
bearbeitet: 12.04.1996
Praxisrelevante Bemerkungen über
elektromagnetische und elektrostatische Felder
Im Normalfall gebietet der allgemeine Ehrgeiz des Menschen, daß man sich vor massiven öffentlichen Stellungnahmen
zu konkreten Sachzusammenhängen sachkundig macht, worüber und in welcher Form man referieren will. Im Normalfall.
Denn auch hierbei scheinen es wieder die Ausnahmen zu sein, die die Regel bestätigen. Man hört und liest in der neueren
Zeit so manches über elektrische Vorgänge, bei dem man aus dem Staunen nicht herauskommt.
Nun, das Antistatikband, das man an doch noch recht zahlreichen Autos vorfindet, ist ja eine sehr alte Erfindung, die sich
erstaunlich lange hält. Wissenschaftlich ist sie unsinnig und praktisch ist sie völlig nutzlos. Hier nur ganz
populärwissenschaftlich, ohne umfangreiche mathematische Recherchen anzustellen: Es leuchtet wohl unschwer ein, das
die vier Reifen eines Autos, die zusammen mit einer Masse von knapp einer Tonne an den Boden gedrückt werden, bei einer
summaren Auflagefläche von 0,1 bis 0,2 m2 einen kleineren Übergangswiderstand erzeugen, als das Ende
eines Antistatikbandes, das ja auch aus Gummi ist und bei 10 bis 20 mm2 Auflagefläche mit wenigen Gramm
Masse aufliegt. Und sogar das nur bei Stillstand, während der Fahrt wird es durch den Fahrtwind ganz vom Boden
abgehoben.
Der wohl härteste Irrtum in dieser Sache ist mir beim damaligen sowjetischen Militär untergekommen.
Weil elektrostatische Ladung ja Funken erzeugen kann, war vorgeschrieben, daß alle Tankwagen in geeigneter
Weise zu erden sind. Das mit dem Gummiband hat man wohl auch nicht so recht geglaubt, also nahm man eiserne
Ketten, die hinten frei herunterhängend den Boden berührten und so den Tankwagen besser erden sollten. Nie
muß wohl jemand einmal das ganze in Fahrt gesehen haben. Denn dabei schlug die Kette fortwährend auf das
Straßenpflaster, stets begleitet von grellem Funkenflug. Das nur am Rande.
Das Problem liegt aber wo ganz anders. Jeder hat sicher schon oft bemerkt, daß man bei der Berührung eines
Fahrzeuges, insbesondere bei trockener Witterung, unangenehm elektrisiert werden kann. Daraus hat sich die
zuweilen irrige Auffassung festgesetzt, das Auto sei elektrisch geladen, das Auto sei schuld an dem Schlag.
Das aber ist nicht unbedingt richtig. Denn die Potentialverschiebung, die meist durch Reibung entsteht, bei
einem Auto durch Reibung mit der umgebenden Luft, betrifft immer zwei leitende Medien, die durch
isolierende Medien voneinander elektrisch getrennt sind. Für nur ein Medium ist die Betrachtung gegenstandslos.
Man stelle doch einfach die Frage: "Wie groß ist der Potentialunterschied zwischen einem Auto?"
Sie merken sicher, daß die Fragestellung nicht funktioniert. Bei der Zusammenführung der zwei leitenden Medien
erfolgt der Ausgleich des Potentialunterschiedes durch einen elektrischen Strom. Eine Differenz wird
ausgeglichen. Ist nun einer der beiden Potentialträger ein Mensch, so erzeugt dieser Strom ein mehr oder
weniger unangenehmes Gefühl. Da nun die Potentialdifferenz nicht Sache des Autos, sondern Sache zweier
leitender Medien ist, muß man fragen, wer nun der Urheber ist. Ein vom Umfeld abweichendes Potential kann
auch der Mensch aufnehmen, indem er mit gut isolierenden Schuhsohlen über den Boden schlurft. Sie können
das selbst ausprobieren. Schleifen Sie einmal mit gut lederbesohlten Hausschuhen in Ihrem Wohnzimmer über
den Fußbodenbelag, einige Sekunden reichen völlig, dann berühren Sie mit der Fingerspitze Ihre Frau, die
sich für dieses Experiment barfuß dort aufgestellt hat. Sie werden bemerken, daß Sie beide eine gewischt
kriegen. Wer dabei das höhere und wer das niedere Potential hatte, ist völlig ohne Belang. Soweit zur
Schuldfrage.
Wie stark wir diesen Ausgleichsstrom empfinden, hängt nun nicht ausschließlich von der Größe der
Ladungsdifferenz ab, sondern vom Impuls, in den neben der Ladung noch die Ausgleichsgeschwindigkeit
eingeht, und von der Fläche, über die der Impuls übertragen wird. Je kleiner sie ist, desto stärker
empfinden wir es. Mitunter werden aus dem Ladungsunterschied beträchtliche Spannungen aufgebaut, so
daß der Ladungsausgleich bereits bei Annäherung über eine Funkenentladung erfolgt. Dann ist die Fläche
besonders klein und die Wirkung beeindruckt so sehr, daß beim beschriebenen Experiment der Mann oft noch
auf eine ganz andere Weise von seiner Frau eine gewischt bekommt. Manchmal steigt man aus dem Auto aus
und bekommt beim Anfassen eines Metallteils einen Schlag. Also herrscht auch im Inneren des Fahrzeuges eine
unterschiedliche Potentialverteilung. Sie entsteht durch die Reibung Ihrer Kleidung am Sitz. Die Spannung
entsteht, wenn Sie sich vom Sitz lösen. Aber die Situation ist völlig schmerzfrei zu bewältigen, man muß nur
daran denken: Erfassen Sie nach dem Öffnen der Tür, noch bevor Sie aussteigen, fest den metallenen Türrahmen.
So merken Sie überhaupt nichts. Die Ausgleichsfläche ist viel zu groß, um die Sensoren der Haut zu erregen.
In meiner beruflichen Laufbahn, vor allem in den Jahren des Studiums, habe ich mich sehr detailliert mit
statischen elektrischen Feldern einerseits und mit der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen andererseits
beschäftigt. Mit den erworbenen Kenntnissen sehe ich sehr deutlich, wenn sich jemand zu diesen Problemen äußert,
dessen Sachkenntnisse schlichtweg ungenügend sind. In den letzten Jahren hat sich in unserem Sprachschatz ein
Begriff etabliert, der in seiner wissenschaftlichen Unsinnigkeit nur noch schwer zu überbieten ist:
"Elektrosmog". Man will glaubhaft machen, daß überall dort, wo elektrischer Strom verwendet wird,
Gefahren in der Luft liegen. Und die Übertreibung bringt dabei ganz arge Blüten hervor. Einige "Experten"
auf diesem Gebiet bringen es zu wirklich einschneidenden Schlußfolgerungen.
Es wäre müßig, die Beispielliste weiter auszudehnen. Meistens sieht man beim Hinterfragen der Eigenschaften von
Leuten, die sich in soetwas hineinsteigern, daß sie gar nicht die Voraussetzungen haben, sich über diese Dinge
qualifiziert äußern zu können.
Nur muß man berücksichtigen, daß es zwischen dem Antistatikband und dem Gerede vom Elektrosmog einen kleinen,
aber bedeutsamen Unterschied gibt: Das Antistatikband ist ein ungefährlicher Gag, etwa auf dem Niveau eines
Aprilscherzes.
Mir ist hier spontan ein Scherz aus den 70er Jahren in Erinnerung, bei dem eine Leuchtstoffröhre als die ideale
UKW-Antenne dargestellt wurde, wenn man ein 300-Ohm-Bandkabel auf die halbe Länge auftrennt und zu beiden Seiten
die Enden an den Elektroden der Röhre anschließt. Der Scherz hat sich mehrere Jahre gehalten, obwohl er als
Aprilscherz gedacht war und auch so veröffentlicht wurde. Sicher weil es den Anschein hatte, zu funktionieren,
aber nicht wegen der Leuchtstoffröhre, sondern das aufgespreizte Bandkabel war so zum Dipol geworden.
Mit "Elektrosmog" aber werden Menschen beunruhigt, die aufgrund andersbeschaffener beruflicher
Voraussetzungen an diesen Unfug zu glauben bereit sind. Nicht jeder Mensch muß für seine Tätigkeit umfangreiche
Kenntnisse in der Elektrik besitzen.
Die Empfehlungen, die als Schlußfolgerungen aus der Kreation dieses Begriffes angeboten werden, sind zum Ablachen.
In Ergänzung dieser Darstellungen gebe ich den Verfechtern dieser Theorien einige Hinweise zur pfleglichen
Beachtung.
Gemessen an meiner langjährigen praktischen Arbeit mit Radartechnik großer Reichweiten dürften die angesprochenen
Herrschaften nach ihren neuesten "Erkenntnissen" wohl kaum eine Erklärung dafür haben, wieso ich noch am
Leben bin. Freilich habe ich mich nicht vor die Sendeantennen zum Bräunen gelegt, wenngleich ich hin und wider
unvermeidlicherweise auch mal in der direkten Abstrahlrichtung gestanden haben mag. Ich habe, wie meine anderen
Berufskollegen auch, in der Vermeidung langandauernder Bestrahlung eine Vorsichtsmaßnahme gesehen, die man wohl
beachten sollte, aber ohne übertriebene Hektik. Beachten ist erforderlich, weil schließlich in der Antennenabstrahlrichtung
solcher Einrichtungen mehrmilliardenfache Feldstärken von denen herrschen, die uns täglich in unserer Welt umgeben.
Auch sind dabei die Wellenlängen im medizinisch relevanten Bereich. Aber die panikgeschüttelten Vorschläge einiger
neuzeitlicher Strahlungsschützer kommen mir vor, wie das Abwaschen von Nippfiguren aus einem Setzkasten mit einem
C-Rohr der Feuerwehr.
Fakt ist, daß die uns umgebende Welt aus elektrischen und elektronischen Geräten aller Art ungefährlich ist.
Hinsichtlich ihrer Strahlungseigenschaften, versteht sich. Wenn sie natürlich in ein solches Gerät unbedingt
hineinfassen wollen, ohne den Netzstecker zu ziehen, ist es selbstredend nicht ungefährlich.
Ich selbst werde deshalb meinen Umgang mit den zahlreichen elektrischen Dingen unserer Welt frei von jeglicher
Furcht fortsetzen, so wie ich das schon zeitlebens tue. Und auch im fortgeschrittenen Alter, ich bin Jahrgang 1938,
bin ich noch immer bei guter Gesundheit, und auch über den unmäßig oft zitierten Potenzverlust, den man meiner
früheren Tätigkeit zuschreibt, habe ich seitens der einzigen dies interessierenden Person, meiner Frau, noch keine
Klagen gehört.