bearbeitet: 18.08.2003
Die Rechtschreibreformer und ihre populistischen Sprüche
Man hört von den Erarbeitern der sogenannten Rechtschreibreform immer weniger zur Sache, zur Qualität der Reform.
Offensichtlich gibt es dazu kaum noch etwas zu sagen. Eine größere Anzahl Fehler konnte ja auch wahrlich nicht gemacht
werden. Die Reform ist ein Desaster in allen Punkten ohne Ausnahme, ich verweise zu dieser Feststellung auf mein
"Resümee zur Rechtschreibreform nach mehreren Jahren".
Die Reform wird von der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt.
Anstelle einer Sachdiskussion befassen sich die Reformer und ihre Befürworter in letzter Zeit immer mehr mit populistischen
Sprüchen, mit denen versucht werden soll, das "Werk" salonfähig zu machen, schönzureden, die Kritiker
zu verunglimpfen und mit unsachlichen Argumenten zum Schweigen zu bringen. Das reformierte Deutsch wird dem Volk als das
Schriftdeutsch der Zukunft eingeredet. Täglich aber wird deutlicher, daß alle sprachbewußten Menschen deutscher
Muttersprache die Primitivschreibung längst durchschaut haben und von dem Marktschreiergetöse wenig beeindruckt
sind.
Die ganze Suggestivdarstellung der Reform wird in der ständig wiederholten Behauptung deutlich, die Rechtschreibreform
sei "amtlich", sie sei
eine "amtliche Regelung" der deutschen Rechtschreibung. Dazu setzt man offenbar voraus, daß der Deutsche
noch immer wie früher, wenn er das Wort "amtlich" hört, zusammenzuckt, die Hacken zusammenreißt
und "jawoll" sagt. Es mag sicher noch einige buchstabengläubige Zeitgenossen geben; die befinden sich aber
ausschließlich unter den Befürwortern der Reform. Alle anderen stellen Fragen. Welches Amt bitte? Wie heißt das
Amt? Wo befindet sich dieses Amt? Wer ist der Amtsleiter, wer sind die Amtsmitarbeiter? Ein Amt mit verordneten Rechten zur
Änderung der deutschen Rechtschreibung? Niemand kann die Fragen beantworten. Ein solches Amt gibt es nicht, und damit
gibt es auch keine "amtliche" Rechtschreibung. Die bisherigen orthographischen deutschen Regelwerke wurden durch die
Aufzeichnung der Beobachtung der natürlichen Sprachentwicklung und unter Einbeziehung der Ergebnisse
sprachwissenschaftlicher Forschungen erarbeitet. Niemand verstieg sich bisher in die Anmaßung, ein "amtliches"
Regelwerk "zu erlassen". Die
Reform aber fußt nicht auf Beobachtungen, sondern auf der gewaltsamen Verbiegung des historisch Gewachsenen.
Rein administrativ soll die Rechtschreibung nach Willkür einer kleinen Gruppe von Sprachverbesserern oder solcher,
die sich dafür halten, abgeändert werden. Nicht nur das. Es soll auch in die Sprache selbst eingegriffen werden,
was noch gezeigt wird. Und von Wissenschaftlichkeit kann keine Rede sein. In der Kommission zur Reformierung der
Rechtschreibung *) befinden sich seit langem keine Sprachwissenschaftler mehr. Die Kommission ist eine Domäne der
Didaktiker geworden, womit ihr grundsätzlich die Kompetenz zu irgendeiner Änderung der Rechtschreibung fehlt.
Dies umsomehr, als man feststellen muß, daß bei den Reformversuchen sogar grammatische Fehler festgelegt werden
sollen. Die Kommission könnte allenfalls Vorschläge unterbreiten und dann hören, was die Sprachgemeinschaft
davon hält, und wie die Sprachwissenschaft die Vorschläge beurteilt. Die Durchpeitschung der Reform in der beabsichtigten
Weise ist zutiefst überheblich und an Arroganz nicht mehr zu überbieten. Eine Reform unter der Knute der
Kultusministerkonferenz, einem Gremium, dem ebenfalls die Zuständigkeit für das Vorhaben fehlt, muß vom Volk
nicht akzeptiert werden. Sprache ist nicht administrierbar und nicht manipulierbar.
*)
Nachtrag am 03.09.2005: Die Rechtschreibkommission wurde im Dezember 2004 aufgelöst. Für die Wahrnehmung
der Aufgaben wurde der Rat für deutsche Rechtschreibung unter Vorsitz von
Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair berufen. Bliebe nun zu erwarten, daß dieser Rat die in seinem Grußwort auf dem hier verwiesenen
Internetplatz bekanntgegebene Zielstellung ernst meint und sie verwirklichen wird. An der Orthographie dieses Grußwortes kann
man das noch nicht feststellen.
Von den Reformern und ihren Befürwortern hört man viel zu oft, die Reformkritiker sollen doch nun endlich Ruhe
geben, die Reform sei unumkehrbar, niemand könne daran noch etwas ändern. Sehen wir doch einmal etwas näher
hin. Etwa 80% des Volkes - eine Quote, von der Politiker nur träumen können - lehnen öffentlich die Reform ab,
schreiben trotz aller Bemühungen der Reformdilettanten in der bewährten,
nichtreformierten Rechtschreibung. Es gibt keinen namhaften deutschen Schriftsteller, der das Reformerdeutsch verwendet. Und
unterschwellig ist die Zahl der Gegner noch weit größer, denn es wird auf politischer Ebene in unzulässiger Weise
eingegriffen, indem an Schulen und in Ämtern, Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen das reformierte
Deutsch per Anweisung durchgesetzt wird, deutlich gesagt, eine Rechtschreibdiktatur errichtet wird und den Widersachern Sanktionen
drohen, die bis zum Verlust des Arbeitsplatzes gehen können. Ich kenne persönlich Hunderte Meinungen von Mitarbeitern
öffentlicher Einrichtungen, denen das Reformerdeutsch per Dienstbefehl vorgeschrieben wurde. Sie lehnen das reformierte
Deutsch konsequent ab, wollen sich aber zwecks Vermeidung sozialer Restriktionen nicht laut äußern. Am Rande:
DDR-Politiker hatten auch stets geäußert, der Sozialismus habe endgültig gesiegt, sei unumkehrbar. Und? Also
Rechtschreibreform durch Befehle und Einschüchterung. Der Staat mischt sich in Dinge ein, in denen er nichts zu suchen hat.
Einige wenige Äußerungen von Politikern sind leere Reden, denen keine Taten folgen. So sagte Bundeskanzler
Schröder: "Die Sprache gehört dem Volk." Sprach´s und ließ es dabei bewenden. Der ehemalige
Bundespräsident Roman Herzog sagte: "Die Rechtschreibreform ist überflüssig wie ein Kropf."
Sprach´s und ward zum Thema nicht mehr
gehört. Es ist ja auch leicht zu überblicken, warum der Prozeß nicht ernsthaft von den Politikern beeinflußt
werden kann, denn er wird von denen gesteuert, die mit der Reform Geld verdienen, viel Geld auf Kosten der Steuerzahler - den
Medienkonzernen. Die verschämten Äußerungen einiger Politiker sind dagegen nur schwächelnde Versuche,
das Gesicht zu wahren. Das ist das wahre Gesicht der Aktion: Einige Konzerne haben mit der Reform eine Verdienstchance gefunden,
also wird sie genutzt, gleichgültig, wie mißgestaltig der Inhalt ist, das Volk wird es allmählich schon schlucken. Und
noch eines: Je schlechter die Qualität der Reform, desto besser für diese Medienkonzerne, weil in diesem Fall nämlich
ständig in kleinen Schritten die gröbsten Fehlleistungen zurückgenommen oder geändert werden
müssen, was zu immer neuen Fachbucheditionen führen muß, die wieder neue Einnahmen bringen.
Zu oft wiederholt hört man, die Reformgegner seien die ewig Gestrigen, sie hielten hartnäckig an alten Zöpfen
fest und lehnten das neue ab. Schauen wir genauer hin. Nach dem Willen der Reformer soll statt Kannbestimmung
"Kann-Bestimmung" geschrieben werden, statt Sollstärke "Soll-Stärke", statt
Hochzeit "Hoch-Zeit", statt Nachdenken "Nach-Denken", statt Vitaminkapsel
"Vitamin-Kapsel" und vieles andere mehr. Das sind Schreibweisen, die sich vom 17. bis zum 19. Jahrhundert
allmählich durch die natürliche Sprachentwicklung zugunsten der Zusammenschreibung überlebt haben. An einigen
Stellen soll ein schon bestehender Reformfehler durch einen zweiten kompensiert werden. Man solle doch statt Schiffahrt
(neudeutsch "Schifffahrt") "Schiff-Fahrt" schreiben und statt Schrotttransport
"Schrott-Transport". Besonders kraß wäre Flußschiffahrt, neudeutsch "Flussschifffahrt".
Daraus würde man dann vielleicht "Fluss-Schiff-Fahrt" machen. Brillant, nicht? An anderer Stelle wird empfohlen
"5-mal, 4-silbig, 100-prozentig, 1-zeilig, 17-jährig" statt 5mal, 4silbig, 100prozentig, 1zeilig, 17jährig. Solche
Schreibgebilde sind also nicht einmal von gestern, sie sind von vorgestern. Daran ändert sich auch nichts, wenn sie im Zusammenhang
mit "neuen" Regeln schöngeredet werden, wie in folgendem Zitat aus den Regeln: "So ist der Bindestrich aus seinem
"Schattendasein" - in vielen Schullehrwerken wird er gar nicht behandelt - als Ausdruck einer modernen Sprachentwicklung
herausgetreten, und er wird durch die Rechtschreibreform gefördert." Nun soll diese überlebte Strichitis
also wiedereingeführt werden? Das wäre ein böser Schlagschatten gegen die deutsche Rechtschreibung. An
einigen Stellen werden sogar grammatische Fehler per Regelwerk festgelegt: "ein 100stel-Millimeter, die
61er-Bildröhre, eine 25er-Gruppe, in den 80er-Jahren". Die Zusammenziehung von Adjektiven und nachfolgender
Substantive mit einem Bindestrich ist ein unfaßbarer Auswuchs der Strichelei. Die Beispiele werden getrennt geschrieben.
Schon immer. Die Spitze des Unfugs der Reformer ist jedoch die folgende Erklärung im sogenannten Regelwerk:
"Die Erweiterung des Bindestrich-Gebrauchs (und nicht etwa ´des Bindestrichgebrauchs´ - Anmerkung des
Autors) ist besonders zu begrüßen, wo die Neuregelung wie im Beispiel Nass-Schnee das ß häufig
durch ein ss ersetzt; man dürfte zwar auch Nassschnee schreiben, aber Nass-Schnee ist schon besser." Es darf
jetzt gelacht werden. Also, nun sieht man es ganz deutlich: Die ewig Gestrigen sind nicht die Reformgegner, die an den modernen
Schreibungen festhalten, sondern die Reformer und ihre Befürworter, die die deutsche Schriftsprache ins Mittelalter
zurücksetzen wollen.
Ebensooft hört man aus Reformerkreisen, die Reformgegner seien nicht lernfähig oder nicht lernwillig, sich die sogenannte
"Neue deutsche Rechtschreibung" anzueignen. Hier zeigt sich eine ganz wichtige und aufschlußreiche Eigenart der
Reformer: Sie haben Probleme mit ganz
elementaren logischen Zusammenhängen. Wenn nämlich die Reformgegner das reformierte Deutsch nicht kennten,
wie wohl könnten sie dann dagegen argumentieren? Ich zum Beispiel habe im Prozeß des Erlernens des reformierten
Deutschs mit jedem Tag deutlicher erkannt, welch großer Schaden der deutschen Schriftsprache zugefügt werden
soll. Ohne das Erlernen des reformierten Deutschs hätte ich diese Feststellung nicht treffen können. Diese Logik ist so
einfach, daß man sie kaum erklären muß. Vermutlich aber nicht für die Reformer. Deshalb sagte ich
"aufschlußreich". Denn in allen Beiträgen engagierter Reformgegner und in vielen Argumenten der Reformer
selbst ist immer wieder deutlich geworden, daß elementare logische Mißleistungen die ganze Reform wie ein roter Faden
durchziehen.
Sehr häufig verwenden die Reformer und ihre Befürworter das Beschwichtigungsargument, wozu diene nur das große
Aufsehen der Reformgegner, es sei doch alles nicht so schlimm, die Änderungen beträfen ja nur weniger als 5% aller
Wörter. Die Äußerung selbst klingt schon sehr nach einem Schuldeingeständnis, aber bei genauerer Analyse
entpuppt sie sich als Lüge. In einem 80.000er Wörterbuch habe ich gefunden:
- 3.000 durch die Reform geänderte Schreibungen,
- 10.000 durch die Reform geänderte Wortrennungen.
Sollte ich dabei nichts übersehen haben, sind das 16,3% aller Wörter.
Der populistische Zuschnitt der Rederei ist also unbestreitbar. Und geringfügig kann man diesen Prozentsatz wohl auch nicht
nennen. Es ist 1/6 des deutschen Wortbestandes!
Der wohl ungeschickteste Spruch der Reformer aber besteht in der Bemerkung, was ereiferten sich den nur die Gegner so stark,
es gäbe wichtigeres. Nun gut. Sicher gibt es andere Dinge, die auch wichtig sind, vielleicht noch wichtiger als die
Rechtschreibreform. Jedoch wird für jedermann ohne Mühe sichtbar, daß das Gerede vom wichtigeren reine
Heuchelei ist, denn hinter dem Rücken der Reformgegner betreiben die Formulierer dieses Spruches die doch ach so unwichtige
Reform mit höchstem Eifer. In Geheimsitzungen! Wer da nicht stutzig wird! Mit dem Geschwafel vom wichtigeren sollen die
Reformgegner zur Ordnung gerufen werden. Sie sollen ruhig sein, sicher auch deshalb, weil die Reformer zur Sache nichts mehr
entgegenzusetzen haben. Der Beweis für die Untauglichkeit der Reform ist mittlerweile komplett. Und mit Verlaub: Wie
unwichtig ist denn der Versuch, eine Grundsäule der deutschen Kultur niederzureformieren? Wie unwichtig ist denn der
Versuch, dem Volk eine Schreibdiktatur aufzwingen zu wollen? Wie unwichtig ist denn der Versuch, die deutsche Sprache im Ausland
ihrer Wertschätzung zu berauben?
Die Reformer und ihre Befürworter sprechen prinzipiell von "alter" und "neuer" Rechtschreibung. Ich
hatte oben bereits gezeigt, daß dies verkehrtherum ist. Unter "neu" kann man an der reformierten Schreibung nur
verstehen, daß sie das zeitlich letzte in der deutschen Orthographie ist - und inhaltlich ist es das allerletzte. "Alt"
und "neu" sind, wie man sieht, suggestive Ausdrucksweisen, mit denen die Menschen deutscher Muttersprache an die
Reform gewöhnt werden sollen. Wer will schon auf Dauer an altem festhalten, wenn es doch so etwas schönes neues
gibt! Das Dilemma der Reformer ist eben nur, daß es in der Sache niemanden beeindruckt, der noch mit Stolz seine
Muttersprache pflegt.
Eine der billigsten Ausreden der Reformer für die vermeintliche Unmöglichkeit der Zurücknahme der Reform ist
die Behauptung, man tue das alles
nur für die Kinder, die man nicht verwirren wolle. Die Verwirrung wird jedoch nicht durch die Zurücknahme der Reform,
sondern durch das Festhalten an ihr gestiftet, wenn man wegen der mißratenen Qualität in schöner
Regelmäßigkeit immmer wieder die gröbsten Mißleistungen korrigieren muß. Die Kinder werden in dieser
Art Argumentation als Geiseln verwendet, mit denen man das Volk erpressen will. Denn wie sollen sich die Kinder das erklären,
wenn sie einmal ein gutes deutsches Literaturerzeugnis zur Hand nehmen und dort nicht das Deutsch vorfinden, das sie in der Schule
gelehrt wurde? Sollen sie ihre Lehrer verdammen oder die Schriftsteller? Dann muß man ihnen sagen, wer zu verdammen ist:
Die Kultusminister. Und den Schriftstellern können die Reformer das Handwerkszeug nicht verderben. Sie werden weiterhin
richtig deutsch schreiben, auch schon deshalb, weil man mit dem reformierten Deutsch an vielen Stellen nicht mehr schreiben kann,
was man spricht, ohne umständliche beschreibende Erklärungen anzufügen. Ich will an dieser Stelle auf eine
Argumentation der 1. Vorsitzenden des
Vereins Lebendige deutsche Sprache e. V..,
Frau Claudia Ludwig, unter dem Titel
Stoppt die Rechtschreibreform - der Kinder wegen
verweisen.
Worin bestehen eigentlich Sinn und Ziel der Reform? Nehmen wir doch nur einmal die Bestrebung, die Konjunktion daß mit ss zu
schreiben. Es entstehen dabei drei Fragen.
Am dramatischsten aber ist, daß die Reformer gar nicht schlechthin die Orthographie verändern wollen, sondern tief in die
Sprache selbst eingreifen möchten. Tausende Wörter sollen durch den krankhaften Drang der Reformer zur vermehrten
Getrenntschreibung ersatzlos aus der deutschen Sprache gestrichen werden, weil den Reformern Sprachgefühl,
Sprachausbildung und sogar einfachste sprachlogische Zusammenhänge fehlen, den Unterschied zwischen der Getrennt- und
der Zusammenschreibung von Begriffen zu erkennen. Zitat aus den Vorbemerkungen zum Abschnitt
Getrennt- und Zusammenschreibung: "(2) Bei der Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung wird davon
ausgegangen, dass die getrennte Schreibung der Wörter der Normalfall und daher allein die Zusammenschreibung
regelungsbedürftig ist." Schon in dieser oberflächlichen Darstellung geht unter, daß es sich bei der
Getrennt- oder Zusammenschreibung von Begriffen in der Masse der Fälle um den schriftlichen Ausdruck verschiedener
Begriffsinhalte handelt, die beim Sprechen durch unterschiedliche Intonation und Betonung hervortreten, von denen man nicht
gedankenlos einen abschaffen kann. Ich erinnere hier nur an das Beispiel der "alleinstehenden Frau", die es nach dem
Willen der Reformer nicht mehr geben soll. Und eine "allein stehende Frau" ist wohl etwas ganz anderes. Oder der
Literaturpreis für Günter Grass, der auf "wohl verdient" herabgewürdigt wurde, weil er nach
Reformerwillen nicht mehr "wohlverdient" sein soll. Dies alles sind Auswüchse, die niemals durchsetzbar sein werden, weil
sich das Volk nicht vorschreiben läßt, wie es denn zu sprechen habe. So ist es zum Beispiel völlig abwegig, das
Wort "aufwendig" ganz willkürlich in "aufwändig" zu ändern. Dies würde
unter anderem die Aussprache verändern. Außerdem ist wiederum die Begründung, es sei von "Aufwand"
abgeleitet, falsch. Das Grundwort ist "aufwenden", ein Verb mit schwacher und starker Konjugation. Einerseits: Ich wende
auf, ich wendete auf, ich habe aufgewendet, so hatte ich Aufwendungen, es war aufwendig. Andererseits: Ich wende auf, ich wand auf,
ich habe aufgewandt, so hatte ich Aufwand (zu betreiben). Der Plural "Aufwände" existiert nicht, die Ableitung
"aufwändig" existiert auch nicht. Wenn jemand so etwas vorschlagen möchte, muß er sehen, ob die
Sprachgemeinschaft es annimmt, in diesem Fall ist das aber wenig wahrscheinlich. Es in die Sprache hineinadministrieren und dabei
noch das bestehende ausmerzen zu wollen, ist jedoch unmöglich.
Die ganze Reform ist ein Versuch, dem Volk etwas aufzuzwingen, was nicht erzwingbar ist. Sie ist politisch der Versuch zu
prüfen, wie weit man die Manipulation des deutschen Volkes treiben kann, wie lange es wohl der Zerstörung kultureller
Grundwerte zusehen wird, wie lange es wohl stillhält, wenn etwas verlangt wird, dessen Absurdität kaum noch zu
überbieten ist. Hinsichtlich dieser kulturzerstörenden Wirkungen ist ein Vergleich der sogenannten Rechtschreibreform mit
der chinesischen Kulturrevolution sehr naheliegend.
Gibt es denn in unserem Lande niemanden, der Kraft und Macht hat, denjenigen Einhalt zu gebieten, die für Geld ihr
Vaterland verraten, die für Geld eine Grundsäule deutscher Kultur, die Sprache, niederzureißen begonnen haben?
Wo ist denn die Demokratie geblieben, mit der durchgesetzt werden soll, was das Volk mehrheitlich will? Der Staat mischt sich ein,
aber nicht im Sinne der Volksmehrheit, sondern im Sinne des Kapitals. Er stimmt in die populistischen Sprüche der Reformer ein
und macht sich so zu ihrem Sprecher.
Der Staat ändert alljährlich die Steuergesetze. Alles Mögliche wird da hineingeschrieben. Das meiste dient dem Herausziehen von immer mehr Steuern aus den ärmsten Volksschichten. Steuerentlastungen für die unteren Einkommensgruppen sind bekanntlich bisher nur Phrasen. Möge man doch einmal hineinschreiben, daß alle Kosten, die jemand im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Rechtschreibreform aufbringt, steuerlich nicht mehr von den Einnahmen abziehbar sind. Natürlich wäre das eine Einschränkung steuerlicher Begünstigungen für die obersten Einkommensgruppen. Damit hat der Staat so seine Probleme. Aber was meinen Sie wohl, wie schnell zum Beispiel der Bertelsmannkonzern die Finger von der Reform ließe, müßte er alles selber bezahlen und könnte nicht mehr mehrere -zig Millionen jährlich dem deutschen Steuerzahler auferlegen!?
Es gibt nur einen vernünftigen Schluß:
Weg mit der Rechtschreibreform, weg mit der Diktatur in der Sprache!
Sie zerstört das Vermächtnis Konrad Dudens, die einheitliche deutsche Rechtschreibung. Sie führt zur Beliebigkeit in der Schriftsprache und spaltet das Rechtschreibvolk in zwei Lager. Die Bücher über die sogenannte "Neue deutsche Rechtschreibung" mit der Aufschrift "Duden" zu versehen, ist grotesk.