bearbeitet: 15.04.2001
Ein Resümee zur sogenannten Rechtschreibreform
Man kann nun nach mehreren Jahren, in denen sich verschiedene unbelehrbare Einrichtungen um die Anwendung
der Reform bemühen, den Niedergang der deutschen Rechtschreibung, den ihr die Reform zufügt, deutlich sehen.
Es ist nicht mehr zu übersehen, daß die ganze Reform in allen ihren Bereichen von einer Gruppe Dilettanten
konstruiert worden ist, die von der deutschen Sprache nur äußerst geringe Sachkenntnisse hat und der darüber
hinaus auch jegliches Sprachgefühl fehlt. Die folgenden Darstellungen, in denen ich sehr viele Quellen
ausgewertet habe, belegen das. Mit Beispielen bin ich dabei sparsam umgegangen, um die Übersichtlichkeit
nicht durch Masse zu ersetzen. Zu allen Punkten gibt es Hunderte von Beispielen, und täglich werden neue
gefunden. Zur Getrennt- und Zusammenschreibung findet man in der Broschüre "Die Wörterliste"
von Stephanus Peil allein unter dem Buchstaben A weit über 100 aus dem Deutschen verschwundene Wörter.
Die Vorstellungen der Reformer über das geänderte Schriftdeutsch lassen sich in 5 Sachgebiete gliedern,
in denen sogenannte Erneuerungen eingeführt werden sollen, und zwar:
In allen 5 Bereichen muß man feststellen, daß es nicht nur um die Veränderung von Schreibweisen geht, sondern daß tief in die Sprache selbst, in die Bedeutung der Wörter, in die Grammatik, in den Satzbau, ja sogar in die Phonetik eingegriffen werden soll. Damit wird versucht - man muß das so deutlich sagen - ein Volk seiner natürlichen Sprache zu berauben, indem man sie durch Unkenntnis sprachwissenschaftlicher und sprachgeschichtlicher Zusammenhänge nachhaltig zerstört. Man kann im einzelnen folgendes zu diesen Komplexen feststellen:
1. Die neuen Kommaregeln sind nicht zu gebrauchen. Sie zerstören die Eindeutigkeit der Niederschrift und
erschweren das flüssige Lesen. An vielen Stellen entstehen durch die mögliche willkürliche Kommasetzung,
wie sie dem Schreibenden überlassen wird, sinnentstellende Textverfälschungen. Die neuen Kommaregeln
werden von niemandem verwendet. Ausnahmslos alle Druckmedien lehnen sie ab und setzen die Kommas weitgehend
nach den bisherigen Regeln.
Beispiele:
2. Die Regeln der Getrennt- und Zusammenschreibung sind nicht verwendbar. Durch sie werden Tausende von Wörtern
aus der deutschen Schriftsprache ersatzlos gestrichen. Die differenzierten Ausdrucksmöglichkeiten des schriftlichen Deutschs
werden zerstört. Es gibt nun mündliche Ausdrucksformen, die kein schriftliches Abbild mehr haben, die Schriftsprache ist somit
unvollständig geworden.
Beispiele:
Außerdem gibt es riesige Mengen von Festlegungen bei der Getrennt- und Zusammenschreibung, indenen totale
Prinzipienlosigkeit und völlige Willkür das Erlernen unmöglich machen. Niemand ist imstande zu sagen,
wie wohl die Regel lautet, nach der getrennt- oder zusammengeschrieben werden soll.
Beispiele:
3. Die Regeln der Silbentrennung am Zeilenende wurden so geändert, daß sie keinerlei Sinn mehr beinhalten. Selbst
der Begriff Silbentrennung hat sich erübrigt, denn nach Silben muß nicht mehr getrennt werden. Große Mengen solcher
"Trennregeln" sind völlig absurd und widersprechen jeglichen Grundsätzen der Morphologie. Es ist ein Chaos,
wie es größer kaum erdenkbar ist.
Beispiele:
4. Die Neuschreibung einiger einzelner Wörter wurde mit nicht begründbarer Willkür deklariert.
Zusammenhänge von Wortbedeutungen und Stammableitungen sind meist völlig aus der Luft gegriffen. Es ist keinerlei
sprachwissenschaftliches Herangehen zu erkennen.
Beispiele:
5. Die ss-Schreibung anstelle von ß sowie auch die Mehrkonsonantenschreibung bei Zusammensetzungen führt zu
häßlichen und unästhetischen Zeichenanhäufungen, die das Lesen deutlich erschweren. Mit der zur Rechtfertigung solcher
Schreibexzesse  empfohlenen vermehrten Bindestrichsetzung will man den Deutschschreibenden ins 18.,. teilweise ins
17. Jahrhundert zurückbomben. Aber eine Zerstörung mit einer weiteren Zerstörung wieder in Ordnung bringen zu wollen,
ist schon recht kurios.
Beispiele:
Wie man sieht, gibt es keinen Bereich der Reform, in dem man in den Änderungen einen vernünftigen Sinn erkennen kann, geschweige denn eine Anpassung der Schreibung auf wissenschaftlich belegbaren Entwicklungen. Die gesamte Reform ist eine Zusammenstellung von willkürlichen Fehlinterpretationen, die die deutsche Schriftsprache von grund auf verunglimpfen. Auch das gestellte Ziel der Vereinfachung des Schreibens ist nicht erreicht worden. Denn dazu hätte die Verstärkung der Systematisierung gehört. Tatsächlich ist aber das Gegenteil gemacht worden: die bestehende Systematik wurde beseitigt, Regeln wurden abgeschafft, Schreiben ist der Beliebigkeit zum Opfer gefallen. Wegen des Fehlens von Prinzipien ist die Schriftsprache nicht mehr erlernbar. Das Werk Conrad Dudens, sein unumstrittenes Verdienst, eine einheitliche deutsche Orthographie auf der Grundlage sprachwissenschaftlicher Prinzipien und ausgereiften Sprachgefühls geschaffen zu haben, wurde mit Füßen getreten und radikal zerstört. Das Reformerdeutsch ist viel schlechter als die Orthographie vor Duden. Und für das, was das Mannheimer Institut heute herausbringt, ist der Name Duden schlichtweg ein Mißbrauch.
Diese sogenannte Reform muß zurückgenommen werden, weil sie keine Elemente enthält, die einen Fortschritt oder eine Verbesserung gebracht hätten. Nur ein einziges Element kann als durchgängig systematisch erkannt werden: Chaotische Destruktion.