bearbeitet: 26.03.2006
Willkürliche, unbegründbare und unsinnige Wortveränderungen
durch die Rechtschreibreform
(begrenzte Auswahl)
Neben der Vernichtung des gesamten Regelwerkes der deutschen Rechtschreibung und seines Ersatzes durch ein anderes, in der Summe unbrauchbares, wurden auch Einzelschreibweisen von Wörtern verändert. In der folgenden Tabelle habe ich aus Wörterverzeichnissen, die im Ergebnis der reformierten Rechtschreibung herausgegeben wurden, ca. 60 Wörter herausgesucht, deren Schreibweise völlig willkürlich und ohne erkennbare Regel und vor allem ohne ersichtliche Notwendigkeit geändert wurde. Einige Schreibweisen wurden inzwischen erneut verändert, jedoch ist keines der von mir als Quellen benutzten Wörerbücher je widerrufen worden, so daß man sich beim Schreiben ohne Not darauf zu stützen vermag. Dieses Herangehen an die Rechtschreibung führt dazu, daß herausgegebene Bücher nach wenigen Jahren, manchmal schon nach Monaten, ungültige Schreibweisen enthalten. So gibt es keine Beständigkeit, keine Stabilität in der Sprache. Bestimmten Medienkonzernen ist dies eben gerade recht. Die Tabelle macht die ganze Respektlosigkeit deutlich, mit der an traditionellen Schreibweisen in sporadischer Manier herumgebastelt wurde. Die angefügten Kommentare verfolgen nicht das Ziel einer umfassenden Analyse, sie dienen mehr als informationsangereicherte Glosse. An mehreren Stellen zeigen sie aber, daß nur Stückwerk fabriziert wurde. Die geänderten Schreibweisen sprechen für sich.
übliche Schreibung | reformierte Schreibung | Bemerkungen |
Alptraum | Albtraum | Alp, mhdt. - gespenstisches Wesen, Kobold, Alb ist die althochdeutsche Schreibung, die im Sprachgebrauch ausgestorben ist. Wiederbelebung? "Neue" Rechtschreibung? Oder besser Uraltrechtschreibung? |
As | Ass | Warum das? Hieß es etwa vorher Aß? Dann würde man wenigstens eine Linie in der Reform sehen. Aber so? |
aufwendig | aufwändig | Die Ableitung kommt nicht von Aufwand, sondern von aufwenden. Es ist Grundwissen: Sprache geht von den Verben aus. Verben sind das Leben der Sprache. Weiter unten kommen noch mehr Beispiele. |
behende | behände | Das Wort behende oder behend ist im Mittelhochdeutschen entstanden (bei der Hand). Der Lautwechsel zum ä ist eine freie Erfindung der Reformer. Es gibt zu dieser Änderung keine Veranlassung. Es geht einfach um die Stabilität unserer Rechtschreibung. Wenn das in allen Sprachen gemacht würde, müßten die englischsprechenden Völker alle Vokale neu festlegen, weil sie im Laufe der Entwicklung eine Verschiebung erfahren haben. Oh Chaos! |
belemmert | belämmert | Soll das etwa von Lamm abgeleitet sein? Irrtum. Es kommt aus dem Niederländischen und bedeutet übel, schlimm, betrogen. |
Biographie | Biografie | ...aber bei Hunderten weiteren wird keine Ersetzung ph durch f vorgenommen. Bei einigen Wörtern gibt es die Tendenz zum f, z. B. Foto, Telefon, dies jedoch zu generalisieren und zu administrieren ist Sprachfrevel. |
Bonbonniere | Bonboniere | Sagt doch einfach Süßwarenkasten, dann sind wir das Problem los. Würde man konsequent alle fremdsprachlichen Wortübernahmen so behandeln, könnte man das Deutsche kaum noch lesen. |
Bouclé | Buklee | ...aber bei Hunderten weiteren wird keine Ersetzung é durch ee und ou durch u vorgenommen. Äußerst häßliche Schöpfungen. Schreiben wir auch Tur, Bulljong, Bulvar, Overtüre, Pularde, Turnee, Tupee oder andere? Sie merken, wie Sie beim Lesen stottern? |
Bravour | Bravur | Häßliche Verstümmelungen wie das obere. Wieder nur Stückwerk. Was ist mit Cupee, Culomb, Gurmee, Jurnal, Rulett und Hunderten anderen? Schreiben wir die so? |
Chicorée | Schikoree | Das ist ein direkter Eingriff in die Aussprache und deshalb gar nicht akzeptierbar. Was meinen die Reformer? Ist das Arroganz oder Dummheit? |
Dekolleté | Dekolletee | Wenn schon die deutsche Lautung geschrieben werden soll, dann Dekolltee. Das würde aber bisweilen die Frage aufwerfen, was das für ein Tee ist. |
Delphin | Delfin | ...und Hunderte weiterer ohne Ersetzung ph durch f. Sonst hätten wir auch Fonotechnik, Filosofie, Fysik, Fysiologie, Fosfor und weitere. Haben wir das? Hat man dann wohl doch nicht gewagt. |
Differential | Differenzial | ...und Hunderte weiterer mit -zial, -zion anstatt -tial, -tion. Heißt es auch Nazion, Emozion, Razion, Demonstrazion, Addizion, Multiplikazion? Manchmal glaubt man kaum, daß es ernst gemeint sein soll. |
einbleuen | einbläuen | Welchen Grund gibt es für diese Änderung? Kommt das etwa von blau? Hier fehlen elementare sprachliche Grundkenntnisse bei den Reformern. |
existentiell | existenziell | Existentiell ist von existent abgeleitet, nicht von Existenz. Die reformierte Schreibung ist deshalb sogar falsch. |
Exposé | Exposee | Ein krankhafter Eindeutschfimmel. Rechtschreibung ade! |
Facette | Fassette | Das Fass - die Fassette? Die Facette hat mit einem Faß nichts zu tun. Eine völlig unsinnige Änderung. |
greulich | gräulich | Und wieder soll ein Wort gestrichen werden. Denn beides muß vorhanden sein: greulich von Greuel und auch gräulich von grau, oder auch weniger üblich von Grauen |
Hämorrhoiden | Hämorriden | Herkunft beachten! Das Wort hat eine fremdsprachliche Bedeutung, die man bei der veränderten Schreibung nicht mehr analytisch herauslesen kann: hämo, griech. - Blut, Hämorrhoide - Blutfluß. |
Jäheit | Jähheit | Aber warum nicht Hohheit? Wieder sieht man das Stückwerk, die Regellosigkeit. Lasset den Zufall wüten! |
Joghurt | Jogurt | Herkunft beachten und die undurchdachte Eindeutschung vermeiden. Es ist doch gut, daß man es von einem Gurt unterscheiden kann. |
Justitiar | Justiziar | Ein historisch gewachsenes Wort, aus der Justitia abgeleitet. Sein Ursprung ist nicht in der Justiz. Die Änderung ist einfach sprachwissenschaftlicher Pfusch. |
Känguruh | Känguru | Derzeit hieß die umwerfende Begründung: Weil der Kakadu ohne h geschrieben wird, der ja auch ein Tier ist. Das ist die reine Blasphemie. Als Witz geeignet, aber sonst nicht zu gebrauchen. Ist die Kuh kein Tier? |
Katarrh | Katarr | Einst hatte die Rechtschreibkommission erklärt, für die Fachsprache sei sie nicht zuständig. Dann aber stocherte sie doch darin herum. Und wie man sieht, völlig unqualifiziert. |
Ketchup | Ketschup | Was soll das sein? Wenn man es schon eindeutschen will, dann Ketschapp! Aber vor solchen Konsquenzen ist man dann sicher doch erschrocken. |
Kommuniqué | Kommunikee | Auch wieder dieser krankhafte Eindeutschfimmel. |
Malaise | Maläse | ...und Hunderte weiterer mit -aise --> -äse. Solche Änderungen haben keinerlei Sinn und nicht die geringste Notwendigkeit. Wenn alle Fremdwörter so zwangs"erneuert" würden, hätten wir auf lange Sicht keine verbindlichen Schriftwerke mehr. |
Mayonnaise | Majonäse | ...und Hunderte weiterer mit -aise --> -äse, siehe das darüberstehende. |
Mop | Mopp | Warum dann nicht Flopp, Pepp vielleicht von Pepper, Kapp von kappen, Poppmusik von poppen? Es grassiert die Unvernunft. |
Myrrhe | Myrre | Herkunft beachten und den Eindeutschfimmel unterdrücken. |
Necessaire | Nessessär | Das muß man gar nicht kommentieren. Schon das Lesen läßt auf den Geisteszustand des Schöpfers schließen. Ein krankhafter Eindeutschwahn. |
Negligé | Negligee | Dasselbe wie eins darüber. Aber dann konsequenterweise Neglischee bitte. |
numerieren | nummerieren | Abgeleitet vom lateinischen numerus. Das im Spätmittelalter aufgekommene Wort Nummer für Ordnungszahlen ist eine Regelabweichung, eine Ausnahme, nur für dieses Substantiv gilt mm. Die Spitze ist dann wohl nummerische Mathematik (auf dem u betont) - siehe folgendes. |
numerisch | nummerisch | Nicht jeder kann Mathematiker sein. Aber daß es keine nummerische (auf dem u betont) Mathematik gibt, sollte man wissen. Hier will man zwei im Kern völlig verschiedene Wörter zusammenpatzen und das Wort numerisch (auf dem e betont!) aus der Sprache entfernen. Übrigens: Das Wort nummerisch gibt es im Deutschen gar nicht. |
Ordonnanz | Ordonanz | Respektlosigkeit vor dem Ursprung des Wortes! Eine Änderung der Änderung willen. Ohne Sinn, ohne Verstand. |
Orthographie | Orthografie | Immer diese Halbheiten! Wenn schon, dann Ortografie. Aber verordnen kann man es nicht. Es gibt Ansätze: Foto, auch schon Fotografie. Aber es gibt nicht: Oszillograf, Grafologie, Sifon oder gar Sifong. |
Panther | Panter | Das h ist nun mal da. Und alle Welt schreibt es auch so. Es ist historisch gewachsen. Und wenn es keinen triftigen Grund gibt, es zu ändern, soll man die Finger davon lassen. Es muß auch eine Stabilität der Orthographie geben. |
Phon | Fon | Hier wurden offene Türen eingerannt: Fon gibt es schon (Telefonnummer). Aber Phon gibt es auch (Lautstärkemaß). So kann man beides unterscheiden. Das ist Volksweisheit, man kann sie nicht wegreformieren. |
Potential | Potenzial | Potential kommt von potent. Potenz ist etwas ganz anderes. Die reformierte Schreibung ist falsch, ein "verordneter" Fehler. |
rauh | rau | Wieder Stückwerk. Warum dann nicht Stro, Schu, Ku, ro, jä, Flo und Hunderte andere? Einfach mal per Zufall ein Wort ändern. Macht zeigen. |
Roheit | Rohheit | Wir sahen es schon bei Jäheit. Roheit wird zu Rohheit, aber Hoheit nicht zu Hohheit. Völlige Regellosigkeit. |
Schenke | Schänke | Der Streit geht schon Jahrzehnte. Überlaßt es der Entwicklung, was sich durchsetzen wird. Richtig wäre jedoch Schenke, denn es kommt von schenken, ausschenken. Ausschank ist schon eine Ableitung, kein Stamm. |
Schlegel | Schlägel | Das ist wieder ein direkter Eingriff in die Sprache. Die Aussprache wird geändert. Das geht gar nicht. Hiermit wird versucht, die standardsprachliche Phonetik zu ändern. Es muß den Reformern wohl auch am Gehör mangeln! |
schneuzen | schnäuzen | Was mich betrifft, ich schneuze die Nase, nicht die Schnauze. Im Ernst, das Wort kommt von Schneuze, eine Art Schere zum Stutzen von Kerzendochten (Ursprung im Süddeutschen). |
selbständig | selbstständig | Wieder soll ein Wort gestrichen werden. Ein direkter Angriff auf die Sprache. Das Wort selbständig ist vorhanden, niemand kann es ausmerzen, wenn es nicht von selbst veraltet. Versucht man selbstständig zu sprechen, verliert man ja fast die Zähne. |
Shrimp | Schrimp | Eine unsinnige Veränderung. Den Schenti hat man wohl vergessen? Der ist Shanty geblieben. |
Spaghetti | Spagetti | Auf Schritt und Tritt immer wieder der krankhafte Eindeutschzwang der Reformer. Aber zum Glück bleiben die meisten Deutschen vernünftig. Spagetti habe ich noch nirgends kaufen können. |
Stengel | Stängel | Ein verkrampfter Versuch auf der Suche nach einer Ableitung. Herkunft: mhdt., Stengel, ahdt. stengil. Stängel kommt in der Geschichte nicht vor, es ist eine freie Erfindung der Reformer. |
Stukkateur | Stuckateur | Herkunft beachten! Stuccatore, stucco, ital., daraus Stukkateur. Und was ist mit Sakko? Wieder Stückwerk. Hier bleibt kk. |
Thunfisch | Tunfisch | An diesem Beispiel sehen wir eine Komplettweigerung der ganzen Nation. Ich habe noch nie in all den Jahren des Reformstreits Tunfisch kaufen können, immer nur Thunfisch. |
Tip | Tipp | Das deutsche tippen heißt berühren, anstoßen, das englische Tip heißt Hinweis, Rat. Zwei Wörter, die nichts miteinander gemeinsam haben, sollen zu einem zusammengelegt werden? Eine echte Fehlleistung. |
Tolpatsch | Tollpatsch | Herkunft beachten! Talp, Talpas, ungar., die Sohle, breiter Fuß. Tollpatsch ist eine kabarettistische Fehldefinition. Vielleicht für ein neues Programm: "Lachen bei Reformen machen". |
überschwenglich | überschwänglich | Soll hier auch die Sprechweise geändert werden? Es suggeriert eine Ableitung von Überschwang. Irrtum. Ursprung ist schwingen - unregelmäßige Konjugation: schwang, geschwungen. Also überschwinglich? Oder überschwunglich? Man kann sich etwas aussuchen. Überschwenglich aber ist Volksgut. |
verbleuen | verbläuen | Will man das auch von blau ableiten? Siehe oben: einbläuen. |
Waggon | Wagon | Das ist ein "verordneter" Fehler. Dadurch würde sich beim Lesenden die Betonung auf das a verschieben und man wird es nicht mehr verstehen. Man kann keine Änderung vornehmen, die beim Lesen eine Ausspracheänderung erzwingt. Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Die Reformer haben einen Gehörschaden. |
Zäheit | Zähheit | Wir sahen es schon: Warum dann nicht auch Hohheit? |
Zierat | Zierrat | Es wird hier etwas hineingedacht, was nicht vorhanden ist. Das Wort hat mit Rat schlichtweg gar nichts zu tun. |
Nachsatz:
Sicher haben Sie gemerkt, was hier gemacht wurde. Man nimmt uns die Sprache weg. Sie wird wahllos zerstört, in immer
kürzeren Abständen durch neue Erfindungen verändert. All diese sogenannten "Festlegungen" stammen zum
großen Teil aus geheimen Sitzungen der gescheiterten Rechtschreibkommission. Ohne das Volk zu fragen. Der Rat für
deutsche Rechtschreibung, der nun wiederum stückweise an der deutschen Sprache herumdoktort, kann das Dilemma auch
nicht beseitigen. Mit seinen letzten Veröffentlichungen haben wir gesehen, daß er versagt hat. Es gibt nur eine Konsequenz:
Weg mit der Reform, Wiederherstellung der Orthographie vor der Reform. Dann erst kann der Rat beginnen, kleine Unstimmigkeiten
zu korrigieren. Aber niemals per Dekret, per Festlegung, durch Verwaltungsakt unter Einmischung von Staatorganen, sondern nur
durch Vorschläge (durch Veröffentlichung, in Wörterbüchern, in Presseerzeugnissen u. a.) mit nachfolgender
Beobachtung, ob die Vorschläge vom Volk angenommen werden. Eine andere Sprachentwicklung gibt es nicht.