bearbeitet: 28.11.2003
Dichtung und Wahrheit in der Werbung
Da habe ich doch eine Perle der Werbung gefunden, von der ich sagen muß: Absolute Spitze! Die Werbemacher müssen wohl
glauben, daß alle Interessenten für Mobiltelefone ein wenig unterbelichtet sind.
Als Beilage zur Fernsehzeitschrift "Auf einen Blick", Nr. 49/2003 findet der Leser ein sogenanntes
"Teilnahme-Zertifikat für das neue Handy-Sparprogramm".
Darin wird ein Geschenkpaket in Höhe von beinahe 500.- Euro suggeriert, wenn man sich nur
für das Mobiltelefon Nokia 3510i entscheide.
Selbst wenn man davon ausgeht, daß in der Werbung jede Lüge erlaubt ist, kann man sich dem
Staunen über die dreiste Verdummungskampagne in diesem Werbeblatt nicht entziehen.
Schauen wir doch einmal auf das Blatt unter der orthographisch verkorksten Überschrift
Unser einmaliges Angebot für Sie als Leser von auf einen Blick
Handy NOKIA 3510i SILVER EDITION für 0,- | 239,- € gespart |
Anschlußpreis entfällt | 25,- € gespart |
15 SMS monatlich gratis | 68,- € gespart |
15 Frei-Minuten monatlich gratis | 21,- € gespart |
Zubehör-Set inklusive 2. Oberschale (blau) | 99,- € gespart |
NOKIA T-Shirt geschenkt | 15,- € gespart |
Versand kostenlos | 15,- € gespart |
Ihr Gesamt-Vorteil | 482,- € |
Ihre Ersparnis und Ihr Guthaben zusammen ergeben für Sie einen
Preisvorteil von 482,- €. Als Dankeschön für Ihre Bestellung erhalten Sie
zusätzlich noch ein tolles Nokia T-Shirt geschenkt!
Nun will ich im folgenden die Tabelle ein wenig deuten.
Das teuerste NOKIA 3510i, das ich gefunden habe, kostete 169,- €. Die überaus meisten Preisangaben
beliefen sich auf 109,90 €. Nehmen wir einen geschätzten mittleren Wert von 120,- €. Das ergibt: |
119,00 € Ersparnis erdichtet. |
15 SMS für 68,- € ergäbe einen Preis für eine Kurzmitteilung von 4,53 €. (Nebenbei: Nicht SMS. Sondern
SM oder Kurzmitteilung. Sie verschicken ja nicht den Dienst, sondern die Mitteilung). Das ist bei einem
realen Preis zwischen 18 und 38 Cent schon eine schmucke Übertreibung. Rechnen wir für einen mittleren
Wert von 25 Cent: 68,- € minus 15*0,25 €. Das ergibt: |
64,25 € Ersparnis erdichtet. |
Das Zubehör-Set habe ich für 99,- € nirgends finden können. In der gleichen Nokia-Werbung beim Bertelmannclub
wird es mit 81,- € angegeben. Die Masse der Preisangaben der verschiedenen Anbieter liegt zwischen 14,90
und 19,90 €. Rechnen wir im Mittel mit 17,- €. Das ergibt: |
82,00 € Ersparnis erdichtet. |
Eine Versandfirma, die ein Mobiltelefon innerhalb Deutschlands für 15,- € versendet, würde sicher wegen
Auftragsverlusten nicht lange existieren, weil die meisten Kurierdienste das für 1/3 dieses Preises und
weniger erledigen, also wurden hier - kulant gerechnet - : |
10,00 € Ersparnis erdichtet. |
Summa summarum wurden also |
275,25 € Ersparnis erdichtet. |
Bliebe immer noch ein respektables Geschenk von 206,75 €. Das wären bei – sagen wir mal – 200.000
Nokianeukunden geschenkte 41,25 Millionen Euro. Wer das wohl glaubt? Und dann wird mir noch mitgeteilt,
daß ich zum Dank zusätzlich noch ein tolles NOKIA T-Shirt geschenkt bekomme. Kriege ich also zwei? Eins ist
ja in der ominösen Sparrechnung schon enthalten. Und für den Preis von je 15,- € müssen das schon wahrlich
zwei tolle Hemdchen sein!
Man muß hier jedoch zunächst etwas grundsätzliches anmerken. Wenn sich ein Geschäftsmann an mich wendet mit
dem einzigen Vorhaben, mir etwas schenken zu wollen, muß ich stutzig werden. So einen Geschäftsmann gibt es
nicht. Ich muß den Haken finden. Aber der steht nirgends. Den Kunden interessiert schließlich in erster
Linie, was es kostet und erst danach entsteht die Frage, was man davon einsparen kann. Wenn man nicht weiß,
wieviel es kostet, kann man auch nicht wissen, wieviel man spart. Deshalb ist die am Ende des Prospektes folgende
Aufforderung, doch gleich unter der Hotline sowieso zu bestellen, sehr verfrüht. Zunächst ist eine Beratung
über die Kosten nötig. Ich meine ja nur. Damit man hernach nicht überrascht ist.
Noch etwas an die Werbefachleute.
Übertreiben ist in der Werbung mitunter ganz nützlich. Lügen auch. Wenn man
dabei aber das Augenmaß verliert und dadurch das ganze zur Glosse wird, geht das
Ziel verloren. Der Angesprochene lacht kurz auf und legt den Prospekt an die
Stelle, die der Erarbeiter nicht wünschte: in den Papierkorb. Danach versucht er
an anderer Stelle herauszufinden, wie es denn wirklich ist.
Nachtrag:
Und alle überbieten sich bis zur grotesken Unmäßigkeit.
Auch wenn die Glaubwürdigkeit schon längst dahin ist, Siemens setzt noch eins drauf:
Wird hierzu noch ein Kommentar gewünscht?