bearbeitet: 22.10.2010     

Satzzeichen ade!

Wie war das doch gleich in dem schon sehr alten Sprichwort?

Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt.

Ist das noch aktuell? Nein. Heute setzt man gewöhnlich ein Komma hinein:

Der brave Mann denkt an sich, selbst zuletzt.

Ja, so ist das mit den Satzzeichen. Sie haben eine enorme Bedeutung und können bei falscher Anwendung eine Aussage völlig zerstören.

Da gibt es die überlieferte Geschichte von dem grausamen Herrscher im Altertum, der einen Diener mit seiner schönen Tochter erwischt hatte und daraufhin befahl: "Tötet ihn". Ein Minister fragte beschwichtigend, ob man ihn wegen dieses kleinen Deliktes nicht freisprechen könne. Der Herrscher aber beharrte auf seinem Urteil. Weil sich der Minister nicht mitschuldig machen wollte, erbat er das Urteil schriftlich. So schrieb der Herrscher denn auf:

"Hängen, nicht freisprechen!"

Leider aber vergaß er im Zorn - oder auch aus Unwissenheit - das Komma zu setzen. So setzte der Minister es nach:

"Hängen nicht, freisprechen!"

Sehen Sie, ein kleines Komma, und die ganze Sache nimmt einen anderen Lauf.

Nun sagen Sie aber nicht, lieber Leser, das sei alles sehr weit hergeholt. Auch heute noch haben wir es mit diesen Problemen zu tun. In der Potsdamer Regionalzeitung

Nr. 37 vom 18.09.2010, findet man:

Da entstehen Fragen: Wer ist dieser Herr Bürger, der unsere Stadt baut? Und wie macht er das so ganz allein? Erst wenn man sich in den Text des Artikels einliest, findet man heraus:

Aha! Es handelt sich um eine Ausschreibung. Bürger ist eine Anrede, der Satz ist eine Aufforderung. Grammatisch ist es demnach ein Imperativ. Das dazu erforderliche Satzzeichen fehlt. Und das Komma hinter der Anrede fehlt auch. Schreibt man den Satz richtig, also:

"Bürger, baut euere Stadt!"

so ist er völlig eindeutig. Ohne die Satzzeichen aber hat er eine ganz andere Aussage; eine, die von den Autoren nicht beabsichtigt war. Peinlich nur: Der Artikel ist vor der Veröffentlichung durch die Hände studierter Journalisten gegangen. Keiner hat es bemerkt.