bearbeitet: 19.09.2006
Die Rechtschreibreform
Ein Resümee nach der Einführung
Seit dem 1. August 2006 ist nun die Rechtschreibreform „endgültig“ eingeführt worden, wie die Reformbetreiber sagen.
Die Anführungsstriche habe ich aber gesetzt, weil von endgültig keine Rede sein kann. Nach wie vor wird ständig
durch den Rat für deutsche Rechtschreibung, dem Nachfolger der wegen Mißleistung abberufenen Reformkommission,
sowohl am Regelwerk als auch an einzelnen Wortschreibungen herumgebastelt, um die vielen Fehler, die die Reform
hervorgebracht hat, schrittweise in dem Maße zu korrigieren, wie das von den Reformern unter dem Druck öffentlicher
Kritiken am Ende doch noch akzeptiert werden muß.
Das alles hilft jedoch nicht darüber hinweg, daß die sogenannte Rechtschreibreform im Grundsatz abgelehnt werden
muß, auch ohne dabei zunächst auf die sprachfachlichen Probleme einzugehen. Die Hauptgründe dafür sind die
folgenden.
Die Reform wurde ohne Sinn, ohne Verstand, ohne Sachkenntnis und ohne Sprachgefühl ausgearbeitet und in diktatorischer
Weise dem Volk aufgezwungen. Die deutsche Sprache wurde im Inland und im Ausland beschädigt. Viele dieser
Beschädigungen sind nur durch die konsequente und vollständige Beseitigung der Reform korrigierbar.
In fragwürdigen „geheimen“ Beratungen hatte derzeit die Rechtschreibkommission „Beschlüsse“ vorbereitet, die von der
Kultusministerkonferenz „in Kraft gesetzt“ wurden. Allein die Formulierungen zeigen die unzulässige Verfahrensweise mit
der Sprache. Ein politisches Gremium wie die KMK hat keine Zuständigkeit für die Veränderung der deutschen Sprache.
Alle Veröffentlichungen und Hinweise von Sprachwissenschaftlern, Schriftstellern und anderen Kulturschaffenden, die
vor der Zerstörung der deutschen Sprache durch nichtlegitimierte Reformgremien warnen, wurden in ihrer Gesamtheit
vollständig ignoriert.
Die Reform wurde nicht im Interesse der deutschen Sprache und der deutschsprechenden Völker, nicht im Interesse der
leichteren Erlernbarkeit durch die junge Generation, nicht im Interesse der Vereinfachung der Schreibweisen und nicht im
Interesse der Verbesserung des Regelwerkes betrieben. Sie wurde ausschließlich zur Befriedigung der Profitinteressen
einiger Medienkonzerne herbeigeführt, für die die Mißqualität der Reform primäres Interesse ist, weil dadurch fortlaufende
Korrekturen notwendig werden, die zu immer neuen Einnahmen führen.
Die Schulen in unserem Lande haben aufgehört, spracherzieherisch wirksam zu werden, weil die Lehrerschaft den
permanenten Wust an Veränderungen, immer neuen Fehlfestlegungen und neu erschienenen unterschiedlichen
Dudenausgaben, von denen keine je widerrufen wurde, nicht mehr überschauen kann. Einher mit diesem orthographischen
Desinteresse geht auch die schwindende Erziehung zum Sprachbewußtsein, zum Stolz auf die Muttersprache und zum
Bemühen um gute sprachliche Leistungen. Dadurch wird auch das zunehmende Überfluten des Deutschen mit
fremdsprachlichen Einflüssen, vornehmlich amerikanischen, nicht mehr zurückgedrängt.
Die Zahl der Deutschlernenden im Ausland ist gesunken, weil eine in der Zerstörung befindliche Sprache an allgemeinem
Interesse verliert.
Die Spaltung der Deutschen in zwei Lager – eine Minderheit, die das reformierte Deutsch verwendet oder zur Verwendung
gezwungen wird, und eine Mehrheit, die es ablehnt – ist weiter vorangetrieben worden. Eine einheitliche deutsche
Rechtschreibung existiert nicht mehr. Die Zahl derer, die offen bekunden, sich nach keiner Rechtschreibung zu richten,
ist gestiegen. Es sinkt die Zahl an Befürwortern der Auffassung, daß ordentliche und saubere Rechtschreibung ein Maß
für Bildung ist.
Was finden wir nun sprachlich nach der Einführung der Reform vor?
Viele dieser genannten Einführungen sind völlig unhaltbar und lassen in der näheren und ferneren Zukunft weitere zwingende
Änderungen des reformierten Deutschs erwarten. Relative Ruhe in der Entwicklung der Orthographie ist so auf lange Sicht nicht
erreichbar. Die Beschädigung der deutschen Sprache wird auf diese Weise vergrößert, nicht verringert. Deutsche Hochschulen
und Universitäten werden zunehmend in ihrer Vorgehensweise bestärkt, wissenschaftliche Vorlesungen und Seminare in
englischer Sprache durchzuführen, was eine offene Bankrotterklärung des Wissenschaftsstandortes Deutschland ist.
In letzter Überlegung kann nur eine Schlußfolgerung abgeleitet werden. Die Rechtschreibreform ist ein untaugliches Instrument
zur Regulierung oder zur Manipulation der deutschen Sprache. In der Konsequenz wird sie zur Zerstörung der deutschen Sprache
und damit zum Zerfall der deutschen Kultur und als Folge des deutschen Volkes beitragen.