bearbeitet: 26.03.2004
Die exklusive Orthographie der Zeitschrift
Der Name der Zeitschrift ist auch Kennzeichen für ihre Orthographie: eine Minirechtschreibung, wie sie geringer kaum
sein kann. In dieser Zeitschrift schreibt man weder die Rechtschreibung vor der Reform noch das reformierte Deutsch.
Insbesondere die überstrapazierte Verwendung des Bindestrichs nimmt in diesem Blatt Formen an, über die
selbst eingefleichte Rechtschreibreformer staunen werden. Zitat aus dem "Regelwerk" der Reformer:
"So ist der Bindestrich aus seinem "Schattendasein" – in vielen Schullehrwerken wird er gar nicht
behandelt – als Ausdruck einer modernen Sprachentwicklung herausgetreten, und er wird durch die Rechtschreibreform
gefördert. Nun, die Zeitschrift "Mini" betreibt diese Förderung mit größter Intensität.
Ist es möglicherweise eine Satire auf das oben genannte Zitat der Reformer? Dann allerdings müßte ich
mich für meine Beschränktheit entschuldigen, es nicht erkannt zu haben. Aber auch die ß/ss-Regelung
der Rechtschreibreform ist von den Schreibern der "Mini" noch nicht recht verstanden worden: Heißt es nun "Spass
oder heißt es "Spaß"? Nach "Mini" scheint es beides zu geben. In einer einzigen Ausgabe, der Nr.
14/2004, habe ich das Nachfolgende gefunden. Dabei habe ich nur die Überschriften und besondere Schlagzeilen
eingebracht, in den Textbeiträgen findet sich noch ein vielfaches solcher Fehler.
Noch Fragen? Mein Vorschlag an die "Mini": Wenn Ihnen das Neudeutsche so schwer fällt, kehren Sie
doch einfach, wie zum Beispiel die "Frankfurter Allgemeine" und einige hundert andere Presseerzeugnisse, zur
traditionellen Rechtschreibung zurück. Viel Aufwand kann das nicht sein. Die Redakteure, die noch richtiges
Deutsch können, sind bestimmt alle noch da.
Was halten Sie denn, liebe Redakteure, von folgendem Text, der mit dem Reformerdeutsch durchaus real sein
kann?
"Die Text-Beiträge der Zeit-Schrift "Mini" enthalten so viele Recht-Schreib-Fehler, dass man als Leser einige Grund-Fragen
stellen muss. Wer macht diese Zeitungs-Orthographie? Wie viele Redaktions-Mitarbeiter gibt es, die auf den Haupt-Gebieten
der Recht-Schreibung Wissens-Lücken haben, die sie mit auto-didaktischen Lern-Methoden nicht überwinden können?
Was sagt die Chef-Redakteurin Frau Mayer-Behrens zu diesen Schreib-Weisen? Gibt es Schreib-Schulungen oder
Deutsch-Unterricht in den Redaktions-Bereichen? Erst wenn man solche Leser-Fragen beantworten kann, werden
Schreib-Probleme in den Redaktions-Stuben lösbar sein. Aber nicht die Zeitungs-Schreiber allein sind an diesen
Mangel-Erscheinungen schuld. Es beginnt bereits in den Grund-Schulen, in denen die Lehr-Kräfte nicht gehalten
sind, das Sprach-Bewusstsein der Schul-Kinder von der Unter-Stufe an ziel-strebig zu entwickeln.
An diesem Beispiel-Text können Sie sehen, wohin das "Heraus-Treten des Binde-Strichs aus seinem Schatten-Dasein",
wie die Recht-Schreib-Kommission das nennt, im End-Effekt führen kann. Ein Hoch der Recht-Schreib-Reform!"
Nun werden einige Rechtschreibreformer, wo immer sie präsent sein mögen, über mich vielleicht sagen, der Mann ist Rentner, so hat er nicht besseres zu tun, als sich über die Zeitung zu ereifern. Und wie solche Leute üblicherweise sagen: Es gibt wichtigeres. Solchen Auffassungen muß ich entgegentreten. Im Gegensatz zu anderen Rentnern bin ich noch im Arbeitsprozeß und erfülle eine Augabe, die meinen Einsatz verlangt. Dennoch kann es mir nicht gleichgültig sein, wie eine Horde staatlich geförderter Verschlimmbesserer unsere Muttersprache zu ruinieren versucht.
Zu dieser Seite gab es dann auch einen kleinen Schriftverkehr mit der Redaktion der Mini. Wie Sie nachlesen können,
ist es zunächst gar nicht so einfach, die Chefredakteurin zu erreichen. Da muß man sich etwas Mühe geben. Die
Antwort des Stellvertreters der Chefredakteurin stelle ich hintenan. Unkommentiert. Jeder kann sich sein Bild machen.
Thema: | Ein Beitrag zu Mini |
Datum: | 30.03.2004 |
Von: | Unipohl@aol.com |
An: | MGoll@bauermedia.com |
Sehr geehrter Herr Goll,
leider hat die Chefredakteurin der Zeitschrift Mini, Frau Mayer-Behrens, von sich keine E-Mail-Adresse bekanntgegeben. Deshalb
wäre ich Ihnen sehr dankbar, würden Sie Ihr den nachfolgenden Text zustellen können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Manfred Pohl
Sehr geehrte Frau Mayer-Behrens,
da meine Frau Ihre Zeitschrift liest, sehe auch ich desöfteren einmal hinein. Dabei fiel mir die seltsame Orthographie des Blattes auf.
So war ich außerstande zu unterlassen, einen kritischen Beitrag dazu auf meinen Internetplatz www.unipohl.de zu stellen. Sie
finden ihn unter www.unipohl.de/Mini.htm. Wenn Sie wollen, können Sie einmal hineinschauen. Nach der Rückgabe zur Themenseite
finden Sie sicher noch mehr Dinge, die Sie als Medienfachfrau interessieren könnten. Angaben zu meiner Person können Sie bei
Bedarf meiner Startseite entnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Manfred Pohl
Thema: | Ihre Mail an Herrn Goll vom 30. 3. 04 zum Thema Mini |
Datum: | 21.04.2004 15:16:46 (MEZ) |
Von: | gerhard.jans@vpm.de |
An: | Unipohl@aol.com |
Sehr geehrter Herr Dr. Pohl
herzlichen Dank für Ihr Schreiben, um dessen Beantwortung mich Frau Mayer-Behrens gebeten hat.
In der Tat ist für den neutralen Beobachter nicht immer alles sofort logisch oder nachvollziehbar, was sein Auge auf den Titelblättern
deutscher Zeitschriften (oder auch in amtlichen Mitteilungen, halboffiziellen Verlautbarungen usw.) erspäht.
Und doch haben wir bei Mini eine gewisse Logik entwickelt, die wir (fast immer) einhalten. Zur Erklärung:
Zunächst zu dem beherztesten Eingriff in die Orthographie bzw. der augenfälligsten Inkonsequenz bei Mini, dem "Spaß".
1. Normalerweise schreiben wir ihn, wie es sich gehört, nämlich mit "ß".
2. Das doppelte "S" kommt jedes Mal dann zur Anwendung, wenn wir den Spaß in Großbuchstaben setzen. Dann muss es SPASS
heißen, weil es vom ß keine Versal-Version bzw. Versalversion gibt.
3. Und der "Rätsel-Spass" auf Seite 1? Der war ursprünglich als kleiner augenzwinkernder Seitenhieb auf einen Konkurrenz-Verlag
von uns gedacht, der das Konzept von Mini weitgehend kopiert und sein Heft "Viel Spass" (in dieser Schreibweise) genannt hat.
Irgendwann ist dann unser "Rätsel-Spass" so sehr zum Bestandteil des Mini-Titels geworden, dass wir ihn dann in dieser Form
dort gelassen haben.
Was den von Ihnen ungeliebten Bindestrich betrifft, gebe ich Ihnen teilweise Recht: Ja, er wird bei uns in teilweiser inflationärer
Form verwendet. Aber auch das hat Gründe:
So sind zwei gekoppelte Hauptwörter für das flüchtige Auge des Betrachters besser wahrnehmbar als ein Bandwurmwort
(Bandwurm-Wort). Darüber hinaus hat sich bei uns die Sichtweise festgesetzt, dass bei notwendigen Worttrennungen auf dem
Titelblatt oder in Artikelüberschriften (entweder durch Erreichen des Zeilenendes oder eine grafisch bedingte Trennung es
"schöner" aussieht, wenn das Wort in der neuen Zeile wieder mit einem Großbuchstaben beginnt.
Und vielleicht noch ein Wort zu der auch von uns nicht mit Begeisterung aufgenommenen Rechtschreibreform. Wir handhaben es
in unseren Artikeln und Rätseln im Allgemeinen so, dass wir dort, wo der Duden die alte Schreibweise erlaubt, bei der früheren Form
bleiben und nur dort die neue Schreibweise verwenden, wo es der Duden vorschreibt. Dass dies leider nicht immer hundertprozentig
funktioniert, liegt vor allem an der Tatsache, dass die Texte durch zu viele verschiedene Hände gehen und es auch bei uns keine
Zentralstelle mehr gibt, die von der ersten bis zu letzten Seite JEDEN Artikel kontrolliert.
So haben Sie mit Ihrer Kritik also sicherlich nicht ganz Unrecht. Eines möchte ich dennoch zu Bedenken geben: Eine Sprache lebt.
Vergleichen Sie nur Sprache und Orthographie des Mittelhochdeutschen mit dem Sprachbild etwa des 19. Jh., den teilweise bizarren
Sprachregelungen in der Ex-DDR oder dem heutigen SMS-Handy-Kauderwelsch (ob der uns nun gefällt oder nicht). Wo Sprache auf
ewig in ein Zwangskorsett gesteckt wird, verkommt sie früher oder später zu einem Kadaver.
Kurz, ich möchte einer Verwilderung der deutschen Sprache keinesfalls das Wort reden. Aber ein bisschen "Spass" darf doch auch
mal sein. Oder?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Jans
Stellvertretender Chefredakteur Mini