bearbeitet: 02.01.2023
Die Filmwelt des deutschen Fernsehens
Zählt man die Spielfilme des deutschen Fernsehens über mehrere Stationen und eine längere Zeitspanne aus, so
stellt man fest, daß etwa 90% bis 95% aller Spielfilme Kriminalfilme sind. Davon sind etwa 80% solche, in denen die
meisten Probleme mit vorgehaltener Waffe geklärt werden. Jede größere deutsche Stadt hat eine eigene Krimiserie,
in der die regional typisierten Verbrechen mehr oder weniger gut künstlerisch verarbeitet werden. Jeder Schauspieler,
der auf sich hält, muß einmal ein Kriminalhauptkommissar gewesen sein. Dies alles reicht jedoch noch nicht aus. Zusätzlich
benötigen wir noch Krimis aus Kroatien, die Bozen-Serie, die Soko Wien, die Mordkommission Istanbul und mehrere andere
überregionale Serien deutscher Produktion. Kriminalfilme ausländischer Filmemacher fallen zahlenmäßig weniger ins Gewicht.
Auch die Zahl amerikanischer Übernahmen hält sich in Grenzen.
In den meisten Produktionen ist die Gewaltdarstellung omnipräsent, in der Masse dominiert ein stereotypes Schema, in
dem am Anfang ein oder mehrere Menschen eines nichtnatürlichen Todes sterben, hernach beginnen Mordkommissionen,
den Täterkreis zu ermitteln. Die unterlegte Handlung ist oftmals dürftig, die Aussage flach. Die Polizei wird häufig weniger
als staatliches Machtorgan, denn mehr als hilfloses Bedienelement des Verbrechens dargestellt, das sich zudem oft durch
interne Querelen selbst aufzehrt. Man kann ihr mit vielgestaltigen Diffamierungstiraden entgegentreten, insbesondere
Jugendliche läßt man zeigen, daß sie die Autorität der Staatsorgane ohne Not und ohne nennenswerte Folgen in Abrede
stellen können. Die gesetzlichen Festlegungen über Beamtenbeleidigung haben selten irgendeine Relevanz.
So kann man allein schon durch die Masse solcher gesellschaftspolitischer Fehlleistungen, die täglich in größeren Chargen
über die Menschen hereinbrechen, nicht daran vorbeireden, daß gegenwärtige und kommende Generationen durch das
Genre nicht eben gesellschaftlich positiver Beeinflussung unterliegen. Wann die Menschen - insbesondere die Deutschen - diese
Misere endlich erkennen werden und sich um Abhilfe bemühen, ist ungewiß.
Hierzu könnte die englische Serie um den Detective Chief Inspector Barnaby ein Lichtblick sein, in der Polizeiermittler
allgemein anerkannte Respektspersonen sind, ihre Arbeit ohne Waffe ausführen können und mit intelligenten Arbeitsmethoden
erfolgreich sind. Anrührenderweise ist mit entspannender Wirkung die Titelmusik zur Serie im ¾-Takt geschrieben.