bearbeitet: 16.11.2004     

Blind oder taub oder beides?

Diesen zweifelhaften Beitrag in der linken Spalte habe ich im Internet gefunden.

Frau Jürgens hat nun alles verpaßt, was in den letzten 8 Jahren über die Rechtschreibreform gesagt und in Tausenden Abhandlungen geschrieben worden ist. Allein auf den vielen Seiten meines Internetplatzes ist alles, was sie hier zusammengefaßt darstellt, mehrmals widerlegt. Man muß es nicht noch einmal wiederholen. Dieses Konzentrat an Fehlaussagen geht an allem vorbei. Wirklich an allem: Am Volk, an den Sprachwissenschaftlern, an den Journalisten, selbst an den Lehrern und den Schülern, für die sie sich hier die Stimme zu erheben anmaßt. Man gewinnt den Eindruck, daß sie weder etwas sieht noch etwas hört, noch überhaupt irgendetwas versteht oder verstehen will. Insbesondere die Kostenfrage ist populistischer Dummenfang, weil ja längst bekannt ist, daß die permanenten Änderungen, die zur Beseitigung der gröbsten Desaster der sogenannten Reform notwendig sind - sollte sie denn beibehalten werden - ein mehrfaches kosten würden. Aber auch das ist alles längst festgestellt und nachgewiesen. Außerdem sind die angeführten Zahlen falsch, sie sind für zweifelhafte Abschreckungszwecke dramatisch verfälscht. Ich kann nur noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Wir haben hier keine Reform vor uns, sondern einen Anschlag auf die deutsche Sprache, der von Vertretern wie Jürgens und einigen anderen inszeniert und gestützt wird.
Ulrike Jürgens,
Leiterin Bildungshaus Schulbuchverlage, darunter Schöningh (Paderborn). Nach ihren Büchern lernen Kinder Schreiben.
Die neue Rechtschreibung hat den Test in der Praxis längst bestanden. Seit 1996 werden 14 Millionen Kinder und Jugendliche nach den neuen Regelungen unterrichtet. Dabei müssen sie weniger Regeln und deutlich weniger Ausnahmen lernen als zuvor. Die Rechtschreibregeln sind durch die Reform übersichtlicher, logischer und vor allem einfacher für Lernende geworden. So kann mehr Unterrichtszeit auf die zentralen Aufgaben des Deutschunterrichts verwandt werden. Die PISA-Studie hat offen gelegt, dass viele Jugendliche nicht in der Lage sind, sinnerfassend zu lesen. Das ist nicht eine Frage der Rechtschreibung, in der ein Text geschrieben ist! Schulbuchverlage arbeiten nach den Vorgaben der Kultusministerien. Sie haben mit hohem Aufwand die Umsetzung der Rechtschreibreform in den Schulen bezahlt. Ein Zurück zur alten Rechtschreibung würde weitere Verluste von etwa 250 Millionen Euro mit sich bringen, ohne dass diesen Kosten entsprechende Einnahmen gegenüber ständen.Auch die Schulen wären finanziell betroffen. Hier lagern Schulbücher im Wert von schätzungsweise 1,4 Milliarden Euro, die durch eine "Reform" der Reform ersetzt werden müssten: eine Mehrbelastung für Eltern und eine Verschwendung von öffentlichen Mitteln. Deutschland gibt weniger als die meisten OECD-Staaten für Bildung aus. So sind die öffentlichen Ausgaben für Lernmittel im Zeitraum von 1990 bis 2003 von jährlich knapp 400 Millionen auf 250 Millionen Euro gesunken. Da sollte nicht zusätzlich Geld vernichtet werden durch das Zurück zu mehr und komplizierteren Rechtschreibregeln.