bearbeitet: 30.11.2004     

Eine kleine Polemik über Artikel und Wortanordnungen
im Deutschen

Wann kann man einen Artikel weglassen und wann nicht?

Bei Aufzählungen von Substantiven, die das gleiche Genus haben, wird sehr oft der Artikel nur beim ersten Substantiv gesetzt. Das ist häufig nicht richtig und ergibt im Fehlerfall sinnentstellende Veränderungen.

Es kam zu einer Aussprache mit dem Betriebsleiter und Personalchef.

Der Satz bedeutet zweifelsfrei, daß der Betriebsleiter auch gleichzeitig Personalchef ist. Das ist in der Regel nicht der Fall. Wenn es aber nicht gemeint ist, muß es heißen:

Es kam zu einer Aussprache mit dem Betriebsleiter und dem Personalchef.

Oder aber es werden beide Artikel weggelassen. Dann erhält der Satz eine allgemeinere Bedeutung, die sich nicht an einen bestimmten Betrieb bindet:

Es kam zu einer Aussprache mit Betriebsleiter und Personalchef.

Vorsicht jedoch beim Weglassen des Artikels. Ist keine Aufzählung vorhanden, ist das Weglassen des Artikels nicht immer möglich.

Es kam zu einer Aussprache mit Betriebsleiter

ist nicht korrekt, sondern

Es kam zu einer Aussprache mit dem Betriebsleiter.

oder aber der Betriebsleiter wird namentlich genannt, dann ist

Es kam zu einer Aussprache mit Betriebsleiter Horst Müller

als Anredeformulierung in dieser Form richtig.

Völlig falsch sind Sätze wie

Mit dem Hammer und Meißel...,

weil hier die Identität der Aufzählungsgegenstände in keinem Fall gegeben ist.
Grundfalsch ist

Mit dem Hammer und Zange...,

weil hier ein Genusfehler vorliegt. Diese Formulierungen müssen heißen:

Mit dem Hammer und dem Meißel...  oder
Mit Hammer und Meißel...,                 bzw.
Mit dem Hammer und der Zange...     oder
Mit Hammer und Zange.

Falsch ist auch

Die Henne und Küken haben sich gut entwickelt.

Hier liegt ein Fehler im Numerus vor: Die Henne ist Singular, die Küken ist Plural. Deshalb muß der zweite Artikel gesetzt werden:

Die Henne und die Küken haben sich gut entwickelt.

Auch in folgendem Beispiel ergibt die Artikelweglassung eine Bedeutungsänderung.

Ein Brötchen mit Wurst

ist eine allgemeine Ausdrucksform, die keine Aussage über die Art der Wurst vornimmt. Die Formulierung

Ein Brötchen mit der Wurst

hingegen beinhaltet eine Aussage über eine konkret bezeichnete Wurst.

Man sieht aus diesen Darstellungen, daß das Weglassen von Artikeln, was im Deutschen an verschiedenen Stellen durchaus möglich ist, nicht unüberlegt ausgeführt werden kann. Im Normalfall kann man sich aber hierbei auf sein Sprachgefühl verlassen, man muß es jedoch stets im Einzelfall prüfen.


Wie muß man mit Titeln, Dienst- und Rangbezeichnungen umgehen?

Eine häufige unzulässige Unterdrückung des Artikels, insbesondere im Genitiv (wobei meist der Genitiv insgesamt unterdrückt wird), beobachtet man in Bildunterschriften beim Fernsehen, was bei Nachfragen meist mit Platzmangel begründet wird. Bildunterschriften wie

Dieter Handtke, Direktor Hauptwerk   oder
Veronika Vorwerk, Vorsitzende Verein

sind aber grammatisch falsch. Auch die Ausrede, elliptische Kurzformen zu verwenden, gilt hier nicht, dies sind keine Ellipsen. Die Unterlassungen der Genitivartikel suggerieren hier aus dem Sprachgefühl heraus, es handle sich jeweils um zwei Personen, um Dieter Handtke und einen Direktor mit Namen Hauptwerk bzw. um Veronika Vorwerk und eine Vorsitzende namens Verein. Soviel Platz ist immer, daß man schreibt

Dieter Handtke, Direktor des Hauptwerkes   und
Veronika Vorwerk, Vorsitzende des Vereins.

Ganz allgemein haben viele Deutsche ein gestörtes Verhältnis zum Genitiv. Sehr oft wird er unbegreiflicherweise durch den Dativ ersetzt oder es treten Dativpronomen an seine Stelle. Anstelle Deutschlands Hauptstadt hört man die Hauptstadt von Deutschland. Oder der Charakter von Siegfried anstelle Siegfrieds Charakter. Im Einzelfall kann aber diese Genitivunterdrückung zu Sinnentstellungen führen. Beispiel einer Zeitungsüberschrift: Landhaus vom Bundespräsidenten ausgeraubt. Da entstehen doch Fragen: Hat der das nötig? Wessen Landhaus war es denn?

Nach meinen Nachforschungen kommt die Unsitte der Unterdrückung des Genitivs aus dem Englischen. Dort wird der Genitiv immer mit of gebildet, weil die englische Sprache weitgehend endungslos ist. Das ist nicht negativ zu bewerten, es ist eben eine andere Sprache mit einem eigenen Regelwerk. Aber man darf es nicht gedankenlos ins Deutsche übernehmen. Man darf nicht übersehen: Das of im Englischen bildet einen Genitiv, die Übertragung ins Deutsche mit von wird aber ein Dativ, womit in vielen Fällen ein grammatischer Fehler eingetreten ist.

Ein anderer Fehler ist das Nachsetzen von Titeln und Rangbezeichnungen, die im Deutschen stets als unabtrennbare Namensteile geführt werden. Die nachfolgenden Bildschirmschreibweisen, die man bei fast allen Fernsehstationen vorfindet, offenbaren Bildungslücken der Verfasser.

Kurt Krause, Kriminalkommissar,
Ottfried Ortner, Oberstleutnant,
Günter Gäbler, Generalmajor,
Regine Reinhard, Regierungsrätin,

seltener, aber auch vorkommend:

Peter Dressler, Prof. Dr.

Hier muß es in jedem Falle heißen:

Kriminalkommissar Kurt Krause,
Oberstleutnant Ottfried Ortner,
Generalmajor Günter Gäbler,
Regierungsrätin Regine Reinhard,
Prof. Dr. Peter Dressler.


Besonders ungelenk wirkt die Nachsetzung, wenn zusätzlich zum Dienstrang oder zum Titel noch die Funktion des Betreffenden genannt wird:

Ottfried Ortner, Oberstleutnant Kommandeur Panzerregiment
Peter Dressler, Prof. Dr. Leiter Dressler-Sternwarte

Korrekt ist

Oberstleutnant Ottfried Ortner, Kommandeur des Panzerregimentes
Prof. Dr. Peter Dressler, Leiter der Dressler-Sternwarte

Nun sind solche Formulierungsfehler häufig nicht einmal in mangelnden Deutschkenntnissen zu suchen, sondern vielfach auch in mangelnden Sachkenntnissen über den Gegenstand, zu dem Aussagen gemacht werden. So schleichen sich z. B. aus Unkenntnis in Kreuzworträtsel mitunter Fehler ein, die das Lösen erschweren. Oft findet man die Definition Synonym für riesig mit der zugehörigen Lösung Mega. Mega steht aber im Deutschen nicht für riesig, sondern schlicht und einfach für Million.

Ich will mich mit diesem Beitrag deshalb auch aufrufend an die Journalistenbranche wenden. Wenn man etwas hinschreibt, soll man es prüfen, ist man unsicher, soll man einen Fachmann fragen, der täglich damit umzugehen hat, oder man soll nachschlagen. Nur so können solche Fehler vermieden werden.