bearbeitet: 23.01.2008
ergänzt: 14.05.2010
Einige Grobberechnungen um den Asteroiden Apophis
und Betrachtungen für die Erde
Am 13.04.2029 wird nach Berechnungen amerikanischer Astronomen der Asteroid Apophis um 22.45 Uhr in sehr
geringer Entfernung an der Erde vorüberziehen. Wie groß die Entfernung genau ist, kann noch nicht
sicher gesagt werden. Sie soll bei etwa einem Drittel der Entfernung Erde - Mond liegen, also bei grob 100.000
km. Dieser Abstand ist astronomisch gesehen so gering, daß eine Bahnabweichung von weniger als
einer Bogensekunde über Treffen oder Nichttreffen entscheidend ist. Die Wahrscheinlichkeit des
Auftreffens ist zwar sehr gering - eins zu mehreren Tausend - dennoch scheint es nicht abwegig, mit ein
paar groben Berechnungen die möglichen Folgen eines Einschlages zu beurteilen.
Deshalb zunächst einige Angaben zum kosmischen Objekt Apophis.
Unter der ersten Annahme errechnet sich das Volumen des Objektes mit
V = 4/3 * pi * r³ = 4/3 * 3,14 * 200³ = 33.510.322 m³
Daraus ergibt sich eine Masse des Objektes von
m = V * d = 33.510.322 m³ * 1,8 t/m³ = 60.318.579 t
Die bei einem Aufschlag freiwerdende kinetische Energie berechnet sich aus
E = m * v²/2
unter Annahme der Auftreffgeschwindigkeit von 15 km/s zu
E = 60.318.579 * 10³ kg * 15.000²/2 m²/s² = 6,8 * 1018 kgm²/s²
Das ist eine Zahl, die dem menschlichen Vorstellungsvermögen nicht zugänglich ist. Deshalb sollen mit der untenstehenden Tabelle der Zusammenhänge zwischen verschiedenen Energiemaßeinheiten einige Umrechnungen vorgenommen werden, die eine ungefähre Vorstellung dieser Größe ermöglicht. Dabei ist von besonderem Interesse das Energieäquivalent zwischen Joule (J) und der Sprengstoffmasse des Sprengstoffes Trinitrotoluol (TNT), die man für die Berechnung von Sprengkräften verwendet.
1 kgm²/s² | = | 0,00981 kJ |
1 kg TNT | = | 4,6 * 106 J |
1 t TNT | = | 4,6 * 106 kJ |
1 kt TNT | = | 4,6 * 109 kJ |
1 Mt TNT | = | 4,6 * 109 MJ |
Unter Zuhilfenahme der Tabelle erhalten wir
E = 6,8 * 1018 kgm²/s² = 6,65 * 1016 kJ = 1,45 * 1013 kg TNT
und endlich
E = 14.466,6 Mt TNT |
Die rechnerisch erhaltene Dezimalstelle habe ich stehengelassen, damit man nicht bei grobem Hinsehen den Tausendertrennpunkt als Dezimalzeichen liest. Eine Genauigkeit auf Zehntel ist natürlich nicht gegeben. Das geben die Primärdaten gar nicht her.
Ein Vergleich mit Kernwaffen:
Bereits die ersten Kernwaffen, die nur wenige Prozente der verfügbaren Energie freizusetzen vermochten,
erreichten Explosionsenergien, die mehr als zehntausend Tonnen konventionellen Sprengstoffs entsprachen.
Schon das war genug Energie, um im August 1945 die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki fast vollständig
zu zerstören und Hunderttausende Menschen zu töten. Während des Kalten Krieges entwickelten vor allem die USA
und die Sowjetunion Kernwaffen mit teilweise mehr als 10 Megatonnen TNT-Äquivalent. Die stärkste jemals gezündete
Kernwaffe war die sowjetische Zar-Bombe. Mit ihr wurde am 30. Oktober 1961 ein atmosphärischer Kernwaffentest
durchgeführt. Sie setzte eine Energie von etwa 57 Megatonnen TNT-Äquivalent frei. (Zum Vergleich: die
Hiroshima-Bombe hatte eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen TNT = 0,013 Megatonnen TNT.) Eine Bombe mit derartiger Kraft
hätte im Kriegseinsatz ganze Erdregionen verwüstet. Die Temperatur bei einer solchen nuklearen Explosion beträgt zwischen
200 und 300 Millionen °C (Zum Vergleich: An der Sonnenoberfläche herrschen ca. 6000 °C, im
Sonneninneren ca. 15 Millionen °C). Die Sprengkraft der größten derzeit in den Arsenalen verfügbaren Kernwaffen
liegt bei 200 Megatonnen TNT-Äquivalent. Solche Bomben wurden bisher nicht real getestet, weil die Folgen
nicht mehr exakt abschätzbar sind.
Die kosmischen Energien sind jedoch noch unvergleichlich größer:
Die beim Einschlag eines kosmischen Objektes mit einem Durchmesser von 400 m freigesetzte Energie beträgt
entsprechend obiger Berechnung bei der eher als gemäßigt angenommenen Geschwindigkeit von 15 km/s mehr
als das 70fache der größten verfügbaren Kernwaffen. Bedenkt man dabei, daß die Erde sich auf ihrer Umlaufbahn
um die Sonne mit ca. 27 km/s bewegt und sich ein nicht zum Sonnensystem gehörendes kosmisches Objekt auch
auf Gegenkurs zur Erde bewegen kann, erkennt man, daß die Geschwindigkeit auch ein Vielfaches davon sein
könnte. Wäre zum Beispiel die relative Kollisionsgeschwindigkeit 60 km/s, würde sich die
freiwerdende Energie der wegen der quadratischen Abhängikeit verglichen mit dem berechneten Beispiel
versechzehnfachen. Die in den Beiträgen einiger Autoren dargestellen Schäden, die bei einem solchen Einschlag
auftreten können, werden meist als Erdoberflächenschäden, enorm große Tsunami-Wellen und regionale Verwüstungen
riesigen Ausmaßes erklärt. Das scheint mir eher als zu gering eingeschätzt. Bedenken wir, daß die Erdkruste unter
den Landmassen 25 bis 50 km dick ist, unter den Ozeanen 6 bis 10 km, das sind 0,04 bis 0,4% des
Erddurchmessers von 12.750 km, so erkennt man, daß wir uns auf einer sehr dünnen "Haut"
befinden, die auf dem darunterliegenden flüssigen Teil des Erdinneren "schwimmt". (Einige veranschaulichende
Angaben zu Größenordnungen als Tabelle und als Bild befinden sich
hier.) Diese "Haut" ist nicht
geschlossen, sie ist durch Bruchstellen über den ganzen Globus in Einzelteile zergliedert, die Kontinentalplatten
heißen. Es dürfte bei solchen Energiegrößen zu erwarten sein, daß Kontinentalplatten zerbrochen werden, deren
Teile wegen der entstehenden Schrägstellung in die darunterliegenden flüssigen Schalen des Erdinneren
eintauchen, das dann in der Größe des verdrängten Volumens die Erdoberfläche überspült. So würde
in einer Art Kettenreaktion durch Vermischung der Erdkruste mit dem Erdinneren die gesamte Erdoberfläche (Land und
Wasser) verschwinden - ähnlich einem rohen Ei, auf das man mit einem Löffel schlägt. Die Erde wäre
dann für mehrere Millionen Jahre wieder ein glühendes Gestirn. Bei noch größeren kollidierenden Objekten müßte das
als sicher angesehen werden. Nicht auszuschließen wäre dann ferner, daß wegen der durch den Massenzuwachs
veränderten Gravitation und auch wegen des Kollisionsimpulses nach Tausenden oder Millionen Jahren in
Abhängigkeit von der Größe der Massenänderung und dieses Impulses der Mond in die
Erde stürzt und sich die Erdumlaufbahn ändert. Die Neuentstehung des Lebens auf der Erde könnte dann für viele
Millionen Jahre oder auch dauerhaft ausgeschlossen sein."
Es gibt im Internet eine Reihe Versuche, mit Hilfe computersimulierter Videos einen Eindruck zu vermitteln, wie ein
solcher möglicher Einschlag ablaufen könnte. Einer davon kann
hier angesehen werden.
Welche Chancen hat die menschliche Intelligenz auf dem Planeten Erde?
Anflüge kosmischer Objekte an die Erde sind nicht so selten, daß wir keine kennten. Fast täglich
können wir Meteoriten beobachten, die sich als Lichtschweif am Nachthimmel zeigen. Die überaus meisten
von ihnen sind so klein, daß sie in der Atmosphäre durch Reibungswärme verdampfen und die Erde
nicht erreichen. Doch es sind auch seit es Menschen gibt mehrere größere Objekte mit der Erde kollidiert und
haben zum Teil erhebliche Schäden an der Oberfläche hervorgerufen. Doch sind die meisten davon sehr
viel kleiner als Apophis. Die Wahrscheinlichkeit der Kollision mit solchen und größeren Objekten ist sehr
gering. Ausschließen kann man es aber nicht. Die Menschheit ist heute so weit entwickelt, daß wir ohne
Zweifel sehr frühzeitig von einem bevorstehenden Einschlag Kenntnis hätten. Ob wir aber Möglichkeiten
der Abwehr finden könnten, ist im voraus nicht zu sagen. Dies hinge in erster Reihe von der Größe
des Objektes ab. Bei Objekten mit Durchmessern von einem oder mehreren Kilometern haben wir auf der gegenwärtigen
Entwicklungsstufe keine Chance. Für kleinere gibt es mehrere Theorien für eine Kollisionsabwehr (Zerstörung,
Bahnablenkung etc.), die in greifbarer Ausführungsrealität sind. Ob die Chance genutzt werden kann,
hinge von der Reife der Gesellschaft ab, die sich ohne schädliche Streitereien über Kompetenzen zu
einheitlichem Handeln zusammenschließen müßte. Zweifelsfrei müssen wir aber erkennen,
daß das Phänomen Leben auf unserem Planeten ein von vielen günstigen Umständen begleiteter
Zufall ist. Wie lange uns der Kosmos die störungsfreie Entwicklung erhalten wird, wissen wir nicht. Die Beherrschung
der Kräfte des Weltalls durch eine Intelligenz, die die eigene Erhaltung gegen alle stellaren Vorgänge
durchzusetzen vermag, ist in der gegenwärtigen und in sehr weit voraus liegenden Entwicklungsstufen nicht gegeben.
Die Menschheit ist derzeit an einer Schwelle angekommen, an der sie ihre Überlebenschancen durch eigenes
Verschulden im Umgang mit unserer Umwelt und durch Überbevölkerung abzubauen beginnt und auch
ohne kosmische Katastrophe der Gefahr des Unterganges entgegensehen muß. Diese Kräfte aber
müßten wir doch beherrschen können (?) !